800 Seiten Horror und seine Aufarbeitung: Heute, Montag, wird am Vormittag in Berlin (Haus der deutschen Bundespressekonferenz) die vom deutschen Westend Verlag in Auftrag gegebene deutschsprachige Übersetzung des CIA-Folterreports präsentiert. Er ist wohl eines der brisantesten Werke der aktuellen Zeitgeschichte.

Bei dem Report handelt es sich quasi um eine "Sittengeschichte" des vom damaligen US-Präsidenten George W. Bush unmittelbar nach den Terroranschlägen auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001 gänzlich "von der Leine gelassenen" Geheimdienstes der Weltmacht Nr. 1 mit seinem "Krieg gegen den Terror". Der Bericht wurde am 9. Dezember vergangenen Jahres vom Geheimdienstausschuss des US-Senats im Original veröffentlicht.

Der Report "basiert auf über sechs Millionen interner CIA-Dokumente. Diese beinhalten Informationen zu geheimen Gefängnissen, getöteten Insassen und den angewandten Verhörmethoden. Darüber hinaus zeigen sie die Verzahnung der CIA mit anderen Regierungsorganisationen - innerhalb und außerhalb der USA. Außerdem versucht der Bericht zu klären, inwieweit die CIA parlamentarische Abgeordnete und Regierungsvertreter über das Ausmaß und die Gesetzeskonformität ihres Handelns getäuscht hat", stellt der Verlag fest.

Hier einige wenige Details:

Die Anfänge

Begonnen hat es demnach gleich nach den Anschlägen unter anderem auf das World Trade Center. Der Report des Geheimdienstausschusses des US-Senates unter Dianne Feinstein: "Am 17. September 2001, sechs Tage nach den Terroranschlägen des 11. September 2001, unterzeichnete Präsident George W. Bush ein geheimes Memorandum of Notification (MON), mit dem er den CIA-Chef (DCI) ermächtigte, 'Operationen zu unternehmen, die auf die Festnahme und Internierung von Personen angelegt sind, von denen eine fortdauernde ernste Gefahr der Gewalt oder des Todes gegenüber US-Bürgern oder -Interesse ausgeht oder die terroristische Tätigkeiten planen." Dies seien insgesamt "beispiellose Befugnisse" auch ohne Beteiligung der Justiz gewesen.

Das System

Ab Anfang November 2001 wurde ein System geheimer Gefängnisse außerhalb der USA für Internierte etabliert, schließlich auch der US-Marinestützpunkt in Guantanamo Bay als "Langzeitgefängnis" vorgesehen. Als ersten erwischte es den aus Saudi-Arabien stammenden Gefangenen Abu Zubaydah, der im März 2002 in Pakistan als Verdächtiger ins "Gefängnis Green" kam. Er wurde verdächtigt, zum "inneren Kreis" Osama bin Ladens zu gehören.

"Neues Programm"

Der CIA-Folterreport: "Am 13. April 2002, als Abu Zubaydah noch im Krankenhaus war, führte die CIA das 'neue Verhörprogramm' ein. (...) In einem Telex wird Abu Zubaydahs Zelle als weiß beschrieben, ohne natürlichem Licht oder Fenster, aber mit vier Halogenlampen, die in die Zelle ausgerichtet waren.(...) Ein weißer Vorhang trennte das Verhörzimmer von der Zelle. Die Verhörzelle hatte drei Vorhängeschlösser. (...) Die Sicherheitsbeamten trugen allesamt schwarze Uniformen, einschließlich Stiefel, Handschuhe, Sturmhauben und Schutzbrillen, damit Abu Zubaydah die Beamten nicht identifizieren konnte und um zu verhindern, dass Abu Zubaydah 'die Sicherheitsleute als Individuen ansah, zu denen er versuchen könnte, eine Beziehung oder ein Gespräch aufzubauen'. Die Sicherheitsbeamten kommunizierten über Handzeichen, wenn sie bei Abu Zubaydah waren, und sie benutzten Handschellen und Fußfesseln, um die Kontrolle zu behalten. Zusätzlich wurde entweder laute Rockmusik gespielt oder es wurden Lärmgeneratoren benutzt, um Abu Zubaydahs 'Gefühl der Hoffnungslosigkeit' zu verstärken. Abu Zubaydah wurde für gewöhnlich nackt gelassen und dem Schlafentzug ausgesetzt."

Verschärfte Methoden

Das war nur die "Vorhölle". "Vom 4. August 2002 bis zum 23. August 2002 setzte die CIA Abu Zubaydah fast 24 Stunden täglich ihren verschärften Verhörmethoden aus. Nachdem Abu Zubaydah 47 Tage lang in vollständiger Isolation verbracht hat, begann die aggressivste Verhörphase ungefähr um 11.50 Uhr am 4. August 2002. (...) Jedes Mal, wenn Abu Zubaydah leugnete, über zusätzliche Informationen zu verfügen, führten die Verhörbeamten einen Schlag ins Gesicht oder fixierenden Gesichtsgriff aus. Etwa um 18.20 Uhr wurde Abu Zubaydah das erste Mal dem Waterboarding ausgesetzt. Über einen Zeitraum von zweieinhalb Stunden hustete und übergab sich Abu Zubaydah und hatte während des Waterboardings 'reflexartige Zuckungen des Oberkörpers und der Extremitäten'." Das ging bis zur Bewusstlosigkeit des Opfers.

Die "Werkzeuge"

Die Anwendung der verschärften Verhörmethoden der CIA - einschließlich "Walling" (Schleudern gegen Wände; Anm.), Würgegriffe, Schläge, fixierende Gesichtsgriffe, Stresspositionen, Käfigarrest, Weißes Rauschen (eine Form akustischer Folter, Anm.) - seien bei dem Gefangenen in "verschiedenen Kombinationen 24 Stunden am Tag" und 17 Tage in Folge bis zum 20. August 2002 durchgeführt worden. Im Laufe der gesamten, 20 Tage andauernden "aggressiven Verhörphase" hätte Abu Zubaydah fast 300 Stunden auch in "Arrestkisten" eingesperrt verbracht. Der Report: "Die CIA-Verhörbeamten erzählten Abu Zubaydah, dass er das Gefängnis nur in der sargähnlichen Arrestkiste verlassen würde."

Das Ergebnis

Das Ergebnis: Der Gefolterte "weinte", "bettelte", "flehte" und "wimmerte". Man brach seinen Willen. Der CIA-Folterreport über die Konsequenzen: "Telexe des GEFÄNGNISSES GREEN beschreiben Abu Zubaydah als 'gefügig' und berichten der CIA-Zentrale, dass Abu Zubaydah, wenn der Verhörbeamte 'seine Augenbrauen anhob, ohne Anweisungen, langsam von sich aus zu dem Wassertisch ging und sich setzte'. Wenn der Verhörbeamte 'zweimal mit den Fingern schnippte', legte sich Abu Zubaydah flach auf das Waterboard." Das Folteropfer kam schließlich nach Guantanamo Bay, wo er langfristig inhaftiert wurde.

Tod riskiert

Die CIA riskierte selbst den Tod von Gefolterten. Dazu kam es im "Gefängnis Cobalt" im Rahmen des Quälens des mutmaßlichen islamistischen Extremisten Gul Rahman: "Im November 2002 ordnete (ein CIA-Beamter, Name gestrichen; Anm.) an, dass Gul Rahman an die Wand seiner Zelle gefesselt werden solle, und zwar in einer Position, die den Häftling zwingt, auf dem bloßen Betonboden zu bleiben. Rahman trug nur ein Sweatshirt, da (ein CIA-Beamter; Anm.) angeordnet hatte, dass man Rahman die Kleidung abnehmen solle, nachdem man ihn in einem früheren Verhör als unkooperativ angesehen hatte. Am nächsten Tag fanden die Wärter den Leichnam von Gul Rahman. Eine CIA-interne Überprüfung und Obduktion ergab, dass Rahman wahrscheinlich an Unterkühlung starb - unter anderem weil er gezwungen gewesen war, ohne Hose auf dem bloßen Betonboden zu sitzen."