Drei Mädchen machen sich schick, bevor sie auf die "Piste" gehen: Der Minirock ist kurz, das T-Shirt knapp, der Augenaufschlag verwegen. Wie ein Geist taucht im Hintergrund ein Mädchen mit zerfetzter Bluse und verschmiertem Lippenstift auf und wieder unter. Die drei Mädchen gehen in die Disco, trinken zu viel Wodka, tanzen ausgelassen und haben nichts dagegen, sich auf den Hintern greifen zu lassen. Dann gehen sie. In einer dunklen Ecke lauert er, hat die Kapuze tief ins Gesicht gezogen und zieht nervös an einer Zigarette. Die letzte Einstellung: Ein Mädchen mit schreckgeweiteten Augen. Zu lesen ist der Satz: "Du kannst etwas dafür, du kannst etwas dagegen tun."

Das Video wurde von der Polizei des südungarischen Komitats Baranya im Rahmen einer größeren Initiative zur Prävention von Gewalt in Auftrag gegeben. Dieser Tage wurde der Film in Pécs, Ungarns fünftgrößter Stadt, vorgestellt. Und er soll auch an Schulen und Universitäten gezeigt werden. Damit die Mädchen schon frühzeitig lernen: "Du kannst etwas dafür, du kannst etwas dagen tun."

Leichte Beute

Menschenrechtsorganisationen sind entsetzt. Wieder einmal gehe es um die Umkehrung Täter - Opfer. "Die Schuld an Vergewaltigungen", sagt Birte Rohles von "Terre des Femmes" in Berlin zur Kleinen Zeitung, "wird mit diesem Video wie so häufig auf die Frauen geschoben." Am meisten schockiere sie das Frauenbild, das in diesem Video gezeigt werde. "Die Frauen als leichte Beute: Die mögen es doch, wenn man sie begrapscht", erklärt Rohles, die als Referentin für häusliche und sexualisierte Gewalt täglich mit den Folgen solcher Klischeevorstellungen zu kämpfen hat. "Dieses Video hat keinen höheren Level als ein Softporno", sagt Eva Cserhati von der ungarischen "Women's Rights Association". Die Botschaft der ungarischen Polizei an die Frauen sei klar: "Trinkt nicht und habt auch keinen Spaß, andernfalls braucht ihr euch nicht zu wundern, wenn sich die Männer provoziert fühlen."

MANUELA SWOBODA