Widersprüche zwischen den Angaben des Angeklagten und den Aussagen der Zeugen hat am Mittwoch der Prozess gegen jenen 46-Jährigen ergeben, der am 16. April 2014 seine Wohnung am Hohen Markt in der Wiener Innenstadt in die Luft gejagt haben soll. Ihm wird Mord vorgeworfen wird, weil eine Nachbarin durch die Explosion ums Leben gekommen war. Die Verhandlung wird im Oktober fortgesetzt.

Der geschäftlich zuletzt alles andere als erfolgreich agierende Unternehmensberater schilderte Richterin Martina Krainz ausführlich, was seiner Darstellung nach passiert sei: Er hätte bei seiner Mutter im dritten Bezirk übernachtet hätte, wäre gegen 3.00 Uhr aufgestanden und mit seinem Hund aus dem Haus gegangen sei - er würde jede Nacht zwischen 2.00 und 7.00 Uhr spazieren gehen, erklärte er dieses ungewöhnliche Verhalten.

Vor Delogierung

Sein Weg führte ihn schließlich zu seiner Wohnung, aus der er um sieben delogiert werden sollte, da er keine einzige Miete bezahlt hatte. Nach dem Aufsperren der Wohnungstür hätte er wohl den Lichtschalter betätigt, der offenbar einen ersten Feuerball auslöste, wodurch die Tür zufiel. Er öffnete diese und dabei hätte sich ein weiterer heftiger Knall ereignet, der ihn aus der Wohnung geschleudert hätte. Von den Benzindämpfen - es waren laut Sachverständigem zwischen zehn und 20 Liter verschüttet worden - habe er allerdings nichts gerochen.

Anschließend sei er die Stiegen hinuntergelaufen, ohne Nachbarn zu warnen oder die Rettungskräfte zu alarmieren. Beim Verlassen des Hauses habe er bereits Sirenen gehört. Auf Nachfrage, dass er nach eigener Aussage 15 Sekunden bis zum Ausgang gebraucht habe und die Feuerwehr wohl nicht derart schnell unterwegs sein könne, meinte der 46-Jährige, sich plötzlich an eine Aufwachphase erinnern zu können, weil ihn die Tür am Kopf getroffen und womöglich außer Gefecht gesetzt habe.

Danach sei er unter Schock durch die Stadt gewandert und habe sich deshalb weder bei den Einsatzkräften noch seiner Mutter gemeldet. Zudem hatte er am Vormittag noch einen beruflichen Termin fixiert und gegen Mittag auch wahrgenommen. "Ein erstaunlich zielgerichtetes Vorgehen für jemanden, der angeblich so verwirrt war", meinte die Richterin.

Benzinkanister gefunden

Gleich im Vorzimmer der völlig verwüsteten Wohnung fand sich ein grüner Benzinkanister aus dem Besitz des Angeklagten. Dieser wäre beim Umzug dort deponiert worden. Nein, sagte ein Vertreter der Spedition dagegen aus, dieser wäre damals mit Sicherheit leer gewesen und im Keller deponiert worden. Ein weiterer, kleinerer Kanister wurde später im Kellerabteil gefunden, das ebenfalls mit Benzin getränkt worden war. Laut Anklage wurde dieses nur deswegen nicht vom 46-Jährigen in Brand gesteckt, da er sich bei der Explosion in der Wohnung verletzt hatte. Ermittler stellten auf dem Behältnis Fasern sicher, die von der Hose des Angeklagten stammte, jener die er am fraglichen Tag getragen hatte.

Der Sachverständige machte klar, wie verheerend ein weiterer Brandherd im Keller gewesen wäre: "Das wäre ein kaum beherrschbares Ereignis gewesen und mit hoher Wahrscheinlichkeit hätte es mehr Tote gegeben." Auch so hätten sich die anderen Hausbewohner nur mithilfe der Feuerwehr und durch Fluchtmasken in Sicherheit bringen können.

Jener Kriminalist, der die Ermittlungen geleitet hatte, berichtete von einem ersten Gespräch mit dem damals Verdächtigen, das nach dessen Suizidversuch im Spital geführt wurde: "Ich hatte den Eindruck, er hatte sich überlegt, was er sagt." Auf die Frage, warum es eine Explosion gegeben habe, hätte der 46-Jährige gesagt: "Weil das Benzin explodiert ist." Er habe das Benzin aber zuvor gar nicht erwähnt, so der Polizist.

Verhandlung vertagt

Da sich einige Zeugen bereits im Vorfeld urlaubsbedingt entschuldigt hatten, wurde die Verhandlung vertagt. Der Richtersenat beraumte daher zwei weitere Termine - den 13. und 15. Oktober - an.