Eine gefühlte Ewigkeit ist es her, dass Rachida Dati nach den Sternen gegriffen, sie vom Himmel geholt hat.

Das Vorstadtkind, aufgewachsen mit elf Geschwistern, der Vater ein marokkanischer Maurer, die Mutter eine algerische Hausfrau, war im Mai 2007 auf Geheiß des Präsidenten Nicolas Sarkozy an die Spitze des Justizministeriums gerückt. Und die Schönste im Kabinett war sie obendrein. Dati zierte die Titelblätter der Gazetten, trieb mit feuerroten Lippen und schwarz schimmernden Augen Auflagen in die Höhe. Als Sarkozy der Ministerin 2009 überdrüssig war, wurde sie Europaabgeordnete, Bezirksbürgermeisterin des siebenten Pariser Arrondissements und stand Sarkozy im Frühjahr wieder bei Wahlkampfauftritten zur Seite.

Fünfeinhalb Jahre später scheint es, als sei alles ein Traum gewesen, einer, dem ein schmerzliches Erwachen folgt. Dati belebt zwar noch immer den Boulevard. Aber alles ist anders. Als gestürzte Ikone macht sie nun von sich reden, als alleinerziehende Mutter, die der Richterschaft nicht mehr den Marsch bläst, sondern ihr ausgeliefert ist.

Hilfe suchend hat sich die 46-Jährige an das Amtsgericht von Versailles gewandt, wo sie sich Beistand im Streit mit dem Vater ihrer dreijährigen Tochter Zorah erhofft: Dominique Desseigne, 68 Jahre alt, Gebieter über 16 Luxushotels, 90 Restaurants und 39 Spielkasinos. Dati will, dass das Gericht die Vaterschaft des Unternehmers feststellt.

DNA-Test verweigert

Doch der vor den Kadi Zitierte wehrt sich. Er will sich keinem DNA-Test unterziehen - und nach französischem Recht muss er das auch nicht.

Er schlägt zurück - unter die Gürtellinie. Der Franzose, der mit stets gebräuntem Teint und blitzblauen Augen auch als Weltumsegler oder Playboy durchginge, stellt die Ex-Ministerin als Flittchen dar. Acht Liebhaber habe Dati gehabt, als Zorah 2008 gezeugt wurde, erzählt er und nennt Namen.

Das heißt, er lässt sie nennen. Desseignes Anwalt hat das übernommen. Vor dem Mitte der Woche eröffneten Verfahren hat er dem "Magazin M" der Zeitung "Le Monde" offenbart, wer seiner Erkenntnis nach in der fraglichen Zeit außer seinem Mandanten das Bett von Madame le Ministre teilen durfte: einer der Brüder Sarkozys, der frühere spanische Regierungschef José-Maria Aznar, ein Minister, ein Konzernchef, ein Fernsehmoderator, ein Würdenträger aus Katar und der Erbe eines Luxusimperiums. Alte Zeiten scheinen wiederauferstanden, in denen selbst alleinstehende Frauen keuschem Lebenswandel verpflichtet waren, während Männer ungeachtet ihres Familienstandes nach jedem Rockzipfel greifen durften. Ein erfolgreicher Politiker ist in Frankreich ein verführerischer Politiker, er liebt und wird geliebt, schreiben Christophe Deloire und Christophe Dubois in ihrem Bestseller "Sexus Politicus". Für Frauen in der Politik gilt das nicht.