Die Universität Wien wird ab Herbst wieder Studiengebühren von einem Teil der Studenten einheben. Das hat der Senat in seiner Sitzung am Donnerstagnachmittag nach einem entsprechenden Vorschlag des Rektorats beschlossen. Damit wird die von SPÖ, FPÖ und Grünen 2008 getroffene Studiengebühren-Regelung autonom von der Uni Wien wieder eingeführt, die mit 1. März dieses Jahres vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde. Die Senatssitzung wurde nach Angaben von Senatsvorsitzenden Helmut Fuchs erheblich durch protestierende Studenten gestört.

Diese hätten versucht, die Türe zum Senatssitzungssaal während des Treffens aufzubrechen. Fuchs sprach gegenüber der APA von "massiver Bedrohung", Mitarbeiter hätten sich von Innen gegen die Türe stemmen müssen. Das Rektorat habe daraufhin die Polizei gerufen, die Senatsmitglieder hätten unter "massivem Schutz der privaten Sicherheitskräfte" die Uni verlassen, so Fuchs.

Mit dem Beschluss zahlen ab dem Wintersemester 2012/13 wieder jene Studenten 363,36 Euro pro Semester, die aus einem Nicht-EU-Land kommen oder die Mindeststudiendauer um mehr als zwei Semester überschritten haben. Uni Wien-Rektor Heinz Engl hatte mehrfach betont, dass der Uni durch das Wegfallen dieser Studienbeiträge von 15 Prozent der Studenten jährlich neun Mio. Euro entgehen würden.

Senatschef: "Von Politik gezwungen"

"Die Universitätsleitung hat sich die Entscheidung nicht leicht gemacht", so der Senatsvorsitzende Helmut Fuchs in einer Aussendung. Die Politik habe der Universität aber "letztendlich keine Wahl gelassen", schließlich gehe es bei den durch die wegfallenden Studienbeiträgen fehlenden neun Mio. Euro "auch darum, ob wir 150 JungwissenschafterInnen beschäftigen können oder nicht". Im Senat haben sich nach Angaben aus dem Gremium zwölf Mitglieder für die Wiedereinführung ausgesprochen und fünf dagegen.

Notwendig war die Entscheidung zu einer autonomen Einhebung der Studiengebühren laut Senat aber auch, "um rasch Klarheit über die rechtlichen Rahmenbedingungen zu erhalten". Durch die Aufhebung von Teilen der Studiengebührenregelung durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH) sind mit 1. März jene Bestimmungen aus dem Gesetz gefallen, die festlegen, wann Gebühren zu zahlen sind und wann nicht. Da sich die Regierung nicht fristgerecht auf eine Neuregelung geeinigt hat, zahlen Studenten aller 21 Unis bereits im Sommersemester nichts. Für das Wintersemester hat Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (V) die Unis unter Berufung auf ein Gutachten von Verfassungsexperte Heinz Mayer aufgerufen, autonom Studiengebühren einzuheben. Die SPÖ beruft sich indes auf andere Gutachten, wonach die Unis gar nicht mehr kassieren können.

"Nicht zuletzt aus budgetären Gründen muss rasch wieder Rechtssicherheit in Bezug auf die Studienbeitragsfrage herrschen", so Rektor Heinz Engl am Donnerstag. Ziel der Universität sei es nun, eine rechtliche Klarstellung "kostengünstig zu erreichen, indem man einzelne Musterklagen vor den Verfassungsgerichtshof bringt", so Fuchs. Er lade die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) ein, "sich diesem Weg anzuschließen, um rasch wieder den Druck von der Universität zu nehmen". Die Uni werde alle eingezahlten Studienbeiträge rückerstatten, sollte der VfGH die Zulässigkeit in Musterverfahren verneinen. Die Bundesvertretung hatte bereits Anfang März eine Mio. Euro an Rücklagen aufgelöst, um sich für Massenklagen gegen Unis zu rüsten. Auch die Studentenvertreter der Uni Wien haben angekündigt, Geld für Klagen bereitzustellen.

Unterstützung für die Entscheidung von Rektorat und Senat kommt von den Dekanen und Zentrumsleitern der Uni Wien in einer Aussendung. Die budgetäre Situation der Uni und die offene Rechtsfrage würden keine andere Wahl lassen.

"Verurteilt" wird der Beschluss des Senats von der ÖH-Bundesvertretung. Die Uni Wien müsse sich bewusst sein, dass sie hier "rechtswidrig und gegen die Studierenden" vorgehe. "Der heutige Beschluss ist extrem enttäuschend - es wurde nicht auf die Stimme der Studierenden gehört und einfach über ihre Köpfe hinweg entschieden. Wir hätten dem Senat mehr Rückgrat zugetraut", so die Studentenvertreter. Im Anschluss an die Senatssitzung haben protestierende Studenten den Ring vor der Universität blockiert.

Töchterle begrüßt Vorschlag

Von Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (V) wurde das Abstimmungsergebnis des Senats - zwölf Pro- und fünf Gegenstimmen - erfreut aufgenommen. Die derzeitige Gesetzeslage räume den Unis Möglichkeiten zur autonomen Einhebung von Studienbeiträgen ein, wie er das auch - verbunden mit einem Bündel sozialer Maßnahmen - mit seiner im Herbst vorgeschlagenen, aber von der SPÖ abgelehnten Neuregelung des Gesetzes erreichen wollte. "Ich begrüße daher den demokratischen Senatsbeschluss der Uni Wien, der mit großer Mehrheit erfolgt ist", so Töchterle zur APA.

Die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) der Uni Wien kritisierte indes den Senat: "Der vorauseilende Gehorsam, mit dem der Senat sich für unrechtmäßige Studiengebühren entschieden hat, ist für die ÖH Uni Wien inakzeptabel." Die Empörung der Studenten "ist verständlich", betonte die ÖH und kündigte an, sie werde "Studierende, die gegen die unrechtmäßigen Studiengebühren Klagen erheben, selbstverständlich unterstützen und weiterhin politischen Widerstand leisten".