Jetzt also auch Jaguar. Mit dem F-Pace wagt bereits der zweite Traditionshersteller aus dem britischen Oberhaus den Sprung in den ersten Stock. Bentley hat den XXL-SUV Bentayga bereits auf den Markt gebracht, ein Crossover von Rolls-Royce soll folgen. Auch bei Aston Martin verdichten sich die Hinweise: Ein daraufhin deutendes Showcar haben die Engländer mit dem DBX im vergangenen Jahr auf dem Genfer Autosalon gezeigt.

Und während die Markenfundis sich hüben wie drüben bei dem Gedanken vor Schmerzen winden, muss man entgegenhalten: Es ist die logischste aller Entwicklungen. Das SUV-Segment ist das einzige, das weltweit nennenswertes Wachstum verzeichnet. Der Markt will Crossover. Punkt.

Die Kunden sind heiß drauf, vor allem die mit großem Börserl in den Emiraten, Russland, den USA und China. Und wer einen klingenden Namen hat, wäre ganz schön blöd, sein Portfolio nicht um einen Hochsitz zu erweitern. Gerade im Fall von Jaguar mit der Schwestermarke Land Rover, die knapp 70 Jahre Allradkompetenz vorzuweisen hat. Mit Limousinen und Sportwagen alleine verdient man sein Brot heute schwerer denn je, weshalb der F-Pace auch nur der Vorbote einer kleinen, aber feinen Crossover-Familie sein soll, wie man hört. Ein SUV über und eines unter ihm sollen folgen.

So viel zur Theorie, jetzt zum F-Pace. Er ist, so viel kann man nach wenigen Blicken sagen, definitiv eine der erfreulichsten Erscheinungen in der Welt der Midsize-SUV. Dank Jaguars modularer Plattform übernimmt die 4,7 Meter lange Großkatze weder den Radstand noch die Spurweite eines anderen aktuellen Jaguar-Modells, weshalb ihm erzwungene patscherte Proportionen erspart bleiben.

Der lange Radstand von 2,9 Metern bildet das Fundament für einen Innenraum, der fünf Erwachsenen bequem Platz bietet. Damit die nach hinten abfallende Dachlinie an den Haarspitzen kratzt, muss man schon ziemlich groß gewachsen sein und der Kofferraum von 650 bis maximal 1740 Litern ist generös.

Der umdrehbare Ladeboden hat unterschiedlich beschichtete Oberflächen: eine Seite ist mit Stoff bespannt, die andere gummiert, was sich spätestens dann als nützlich erweist, wenn man einen Hund als Beifahrer hat. Die Heckklappe ist gegen Aufpreis elektrifiziert und öffnet auch per Gestensteuerung. Den Titel des praktischsten Jaguars aller Zeiten hat der F-Pace vorerst jedenfalls sicher, weshalb er auch die Kombiversion des XF ersetzt.

Großkatze. Der Jaguar F-Pace ist 4,7 Meter lang
Großkatze. Der Jaguar F-Pace ist 4,7 Meter lang © JAGUAR

Wir sind sehr "amused", dass der kleine Hersteller infotainmentmäßig endlich einen großen Sprung nach vorne gemacht hat. "InControl Touch Pro" lässt sich über die vom Smartphone geläufigen Gesten mit Wischen, Scrollen, Zoomen, Apps und Sprache steuern, was nach einer kurzen Eingewöhnungsphase problemlos klappt.

Seine Show spielt sich auf einem 10,2-Zoll-Bildschirm in der Mittelkonsole ab, die analogen Armaturen ersetzt ein 12,3 Zoll großes, frei konfigurierbares und superscharfes TFT-Display. Das Kartenmaterial des Navigationsgeräts lässt sich in 2D- und 3D-Anmutung abbilden.

Eine Randnotiz für die Superdigitalisierten unter uns: Per Wi-Fi-Hotspot kann eine Verbindung für bis zu acht externe Geräte aufgebaut werden. Das sollte für's erste reichen. Zudem assistiert der Jaguar auch auf der Höhe der Zeit: Abstandstempomat, Stauassistent oder automatischen Notbremser und mehr kann man anheuern.

Wobei man sich das mit dem Assistierenlassen gut überlegen sollte, denn das Fahren ist immer noch die größte Freude an einem Jaguar. Eines gleich vorweg: Der F-Pace ist nicht so messerscharf abgestimmt wie etwa ein Porsche Macan. Aber das ist keine Eigenschaft, die man vermisst, weil seine katzenhafte Geschmeidigkeit ohnehin besser zu ihm passt.

Die Lenkung ist von hoher Handschlagqualität, die Einstiegsmodelle sind mit konventionellen Stoßdämpfern bestückt, optional gibt es ein Fahrwerk mit verstellbaren Dämpfern. Die Felgengrößen reichen von 18 bis zu 22 Zoll, wobei der Komfort, den der Crossover trotz der riesigen Räder aufbringt, beachtlich ist.

Überhaupt fährt in der britischen Großkatze eine ordentliche Portion preußischer Präzision (wenn man vom einen oder anderen Schnitzer bei der Verarbeitung absieht) mit, was nicht wundernimmt, wo doch ein Großteil die Führungsriege der Firma aus Deutschland stammt. Und deren Handschrift merkt man dem F-Pace an.

Salonlöwe. In der Kabine geht es luftig und gediegen zu, das Infotainmentsystem ist auf der Höhe der Zeit und spielt wirklich alle Stückln
Salonlöwe. In der Kabine geht es luftig und gediegen zu, das Infotainmentsystem ist auf der Höhe der Zeit und spielt wirklich alle Stückln © JAGUAR

Mit dem absolut ausreichenden Einstiegs-Vierzylinderdiesel (180 PS) ist der F-Pace mit Heck- oder Allradantrieb zu haben, und diese Variante wird bei uns wohl auch den Löwenanteil ausmachen. Darüber rangiert ein V6-Selbstzünder (300 PS) und der fabelhafte V6-Benziner mit Kompressoraufladung (340/380 PS), jeweils gepaart mit 4x4 und der famosen Achtstufen-Automatik von ZF.

Apropos Allrad. Unter normalen Bedingungen – sprich auf trockenem und festem Untergrund – geht das gesamte Drehmoment des Motors auf die Hinterräder, nur im Bedarfsfall werden alle vier Räder angetrieben. Dazu kommen drei Fahrmodi: für Eis und Schnee, nassen Asphalt und mit Schotter sowie für Tiefschnee und groben Schotter.

Man kann erahnen, wohin das führt: ins Gelände. Obwohl der F-Pace wohl eher Boulevards als die Wildnis erkunden wird, fährt er mit einem brauchbaren Böschungswinkel (25,5 Grad vorn/26 Grad hinten), einer Bodenfreiheit von 213 Millimetern und einer Watttiefe von 525 Millimetern vor. Gut zu wissen, auch wenn's nur für das Autofahrerlatein am Stammtisch ist.

Hinter dem schicken Heck verbergen sich bis zu 1740 Liter Laderaum
Hinter dem schicken Heck verbergen sich bis zu 1740 Liter Laderaum © JAGUAR

Und noch ein nettes Gimmick hat sich Jaguar einfallen lassen: den Activity Key. Dahinter verbirgt sich ein wasserdichtes und stoßfestes Armband mit integriertem Transponder, das sich z.B. ideal für den Einsatz bei sportlichen Aktivitäten eignet.

Beim Schließen des F-Pace per Activity Key werden automatisch alle im Innenraum liegenden Schlüssel deaktiviert, zum Öffnen und Schließen der Türen reicht es, ihn nah an das „J“ des Jaguar-Schriftzugs auf der Heckklappe zu halten. Der intelligente Schlüssel kommt ohne Batterie aus – womit die Sorge, dass ihm einmal der Saft ausgeht, entfällt. Jetzt müssten wir nur noch zum Sporteln anfangen.