ATS. CTS. SRX. Sagt Ihnen nichts? Na gut, aber jetzt: Escalade. Richtig, von Cadillac ist die Rede. Die Luxusmarke von GM hat sich mit ihrem Engagement in Europa wirklich etwas vorgenommen. Nach dem Comeback 2010 tröpfeln langsam Modelle bei uns auf den Markt, die im Vergleich zur Premiumkonkurrenz mit 1674 verkauften Stück in Europa (inklusive Russland) 2014 maximal Exotenstatus genießen. Stärkster Markt ist die sorgenfreie und benzinaffine Schweiz, 13 Exemplare gingen nach Österreich - es ist eben nicht leicht in der Alpenrepublik ohne Diesel in der Preisliste.

Aber ernst scheint GM es wohl zu meinen, schließlich verlegte Chefin Mary Barra den Firmensitz der Konzern-Luxusmarke aus der Pleitestadt Detroit ins schillernde New York. Und sie lässt Cadillac-Boss Johan de Nysschen beim globalen Etablieren der Marke freie Hand. Der Ex-Audi-Manager und Infiniti-CEO schickt jetzt ein echtes Schwergewicht als US-Botschafter in den Ring, nämlich den Riesen-SUV Escalade.

Bling-Bling-Mobil

Ob Beckham, Hilton oder Bieber - bei uns ist der Hüne als Hollywood-Schaukel der Stars und Bling-Bling-Mobil der Rap-Fraktion bekannt, in den USA ist er ein Stückzahlen-Gigant. Mit seinen 22-Zoll-Alus und fettem Bose-Sound aus 16 Lautsprechern kann man fast nicht anders als Sonnenbrille aufsetzen, Fenster runterlassen, den Ellenbogen raushalten und mit dem Beat aus dem Subwoofer nicken. Das ist quasi serienmäßig. Genauso wie der 6,2-Liter-V8 und Allradantrieb, mit denen der Escalade für Europa bestückt wird. Die gedrosselte, unaufgeladene Version des Corvette-Motors beschneidet eine Zylinderabschaltung, die beim Cruisen vier Kolben kappt.

Feine Ware: Holz und Leder im Inneraum von der Größe einer Garçonnière
Feine Ware: Holz und Leder im Inneraum von der Größe einer Garçonnière © CADILLAC

Nein, die elektrisch ausfahrbaren Trittbretter (gibt’s sogar mit Lichtröhren, für das Kraxeln im Dunklen) sind kein sinnloses Gimmick. Bei einer Schwellerhöhe von 559 Millimetern macht das durchaus Sinn, schließlich will nicht jeder noch vor dem Weg ins Büro schon gefühlt den Mount McKinley besteigen.

Auch zum Parken empfiehlt sich eher eine Anlegestelle als ein Parkplatz: Der kleine Escalade misst in der Länge 5,2 Meter, 50 Zentimeter mehr sind es bei der XL-Variante ESV. Ohne die optionale 360-Grad-Kamera ist man in Innenstädten europäischen Zuschnitts jedenfalls ziemlich aufgeschmissen.

Der Innenraum ist für unsere Maßstäbe von der Größe einer Garçonnière und mit sieben bis acht Sitzen bestückbar. Mit Holz und Leder ist feine Ware ausgebreitet, die Verarbeitung amtlich. Zudem ist der SUV bis unters Dach vollgepackt mit Goodies: wärmenden, kühlenden wie massierenden Vordersitze, WLAN-Hotspot oder ein Kühlschrank im Mitteltunnel, der Steaks für ein ganzes Footballteam fasst.

Raumfahrt: Der Escalade lässt sich mit sieben bis acht Sitzen bestücken
Raumfahrt: Der Escalade lässt sich mit sieben bis acht Sitzen bestücken © CADILLAC

Nah am Autokino ist, wer das serienmäßige Rücksitz-Entertainment-System (spielt DVD und Blu-ray) mit 9-Zoll-Bildschirm im Dachhimmel noch mit zwei 7-Zoll-LCD-Screens in den vorderen Kopfstützen ergänzt. Das Infotainmentsystem CUE (Cadillac User Experience) lässt sich per Sprach- und Gestenerkennung mittels Tipp- und Wischbewegungen ähnlich wie bei Tablets und Smartphones über den 8-Zoll-Touchscreen steuern.

Selbstverständlich wird auch allerlei assistiert im Cadillac: Die Fahrer-Warnsysteme beinhalten Toter-Winkel-Assistent, Ausparkhilfe hinten mit Querverkehrswarnung, Spurwechselwarnung, Frontkollisionssensor, Spurassistent und der patentierte Sicherheitssitz mit Vibrationsalarm, der Impulse über das Sitzpolster links, rechts oder auf beiden Seiten gleichzeitig sendet, um den Fahrer richtungsbezogen vor einer Gefahrensituation zu warnen. Das ebenfalls serienmäßige Fahrer-Assistenzpaket (Driver Assist Package) enthält zusätzlich einen adaptiven Tempomaten für den gesamten Geschwindigkeitsbereich, einen automatischen Bremsassistenten und einen automatischen Gurtstraffer.

Anlegestelle: Parkplätze im US-Format sind bei uns selten
Anlegestelle: Parkplätze im US-Format sind bei uns selten © CADILLAC

So weit das Statische, jetzt legen wir mit dem Schiff ab: Wenn man's echt wissen will und dem 2,7-Tonnen-Bullen die Sporen gibt, stampft der in 6,7 Sekunden auf Tempo 100, mit 426 PS und 610 Newtonmetern Drehmoment steht er mit seinem V8 schließlich gut im Futter. Die 13,1 Liter Schnittverbrauch der Werksangabe kann man sich dann allerdings endgültig abschminken. Dafür stemmt der SUV Anhängelasten von bis zu drei Tonnen.

Das erstaunlich handlich zum bewegende Schiff pariert Kurven gelassen, man kann die Sport-Taste des Fahrwerksystems „Magnetic Ride Control“ bis zum Sanktnimmerleinstag drücken, Sport wird hier selbstverständlich nicht geboten. Aber wer das in einem Escalade sucht, ist sowieso auf dem falschen Dampfer: Seine große Stärke ist das Cruisen im Verkehr knapp über Leerlaufdrehzahl. American Way of Drive, eben.