Konflikte hat Monika Maron nie gescheut. Schon mit ihrem Debütroman "Flugasche" legte sich die Stieftochter des früheren DDR-Innenministers Karl Maron 1981 mit dem SED-Staat an - und bekam prompt Druckverbot. Die deutsch-deutsche Geschichte blieb seither die Folie, auf der die Berliner Schriftstellerin, die am 3. Juni 75. Geburtstag feiert, ihre großen Themen entfaltet.

Daneben schaltet sich die streitbare Essayistin immer wieder pointiert in aktuelle politische Debatten ein, in den letzten Jahren mit islamkritischen Tönen, die Kritiker an die Reizfigur Thilo Sarrazin erinnern. "Ich weiß, dass ich damit auch Widerspruch ernte. Aber das ist nichts, was mich auch nur im Geringsten stört", sagt sie in einem Gespräch mit der dpa. Vielleicht hat sich ihre Widerständigkeit, das Gefühl Ich-gegen-Alle, schon sehr früh entwickelt? "In der Schule war ich der einzige Pionier, ich kam aus einer polnisch-jüdischen Familie, war ein uneheliches Kind und habe geschielt", erzählt die Trägerin des Kleist-Preises. "Das prägt wahrscheinlich."

Für die DDR bleibt sie trotz ihres aufsehenerregenden West-Erfolgs mit "Flugasche" eine Persona non grata. Auch folgende Werke wie "Das Missverständnis" und "Die Überläuferin" kommen nur in der Bundesrepublik heraus, werden in der DDR aber gleichwohl gelesen. 1988 wird die Stimmung so schlecht, dass sie mit ihrer Familie mit Hilfe eines Dreijahresvisums die DDR verlässt - mit dem Ruf einer lupenreinen Dissidentin, die zuweilen schon recht hart mit den eigenen Landsleuten ins Gericht gegangen ist ("Dumpfheit" und "Duckmäuserei").

Umso überraschender schlägt 1995 die Nachricht ein, Maron habe früher für die Stasi spioniert. Ihr Verschweigen wird kritisiert, inhaltlich jedoch stellt sich heraus, dass es unter ihrem Decknamen Mitsu nur zwei, noch dazu DDR-kritische Berichte gab. Danach brach Maron die Zusammenarbeit mit dem Geheimdienst ab und wurde selbst von 1978 bis zu ihrer Ausreise beobachtet und in der Akte "Wildsau" geführt.

Bis heute stehen die Links zu ihren beiden Berichten auf der Autorenseite des Verlags, reden mag sie über die Sache nicht. "Für mich haben meine zwölf Jahre Parteimitgliedschaft immer schwerer gewogen als die Affäre mit der Stasi", hatte sie früher einmal gesagt. Erneut holte die Vergangenheit sie im letzten Jahr ein, als der Schriftsteller Chaim Noll in seinen Erinnerungen "Der Schmuggel über die Zeitgrenze" zweifelhafte Andeutungen über Maron machte. Sie konnte eine Schwärzung der Passagen durchsetzen.

Auch nach dem Mauerfall blieb die jüngste deutsche Vergangenheit ein Thema, etwa in dem Erfolgsroman "Stille Zeile sechs" (1991), in dem es um einen Generationenkonflikt in der DDR geht. Später entstehen gerade jenseits der Politik bemerkenswert einfühlsame Romane. Überzeugend ist an der vielfach ausgezeichneten Autorin die genaue Zeichnung ihrer Figuren und der lakonische, trocken-ironische Stil. "Monika Maron steht immer irgendwie über der Sache. Sie hält noch im Feuer des Zorns wohltuende Distanz zum Gegenstand", urteilte die "Neue Zürcher Zeitung" einmal.

Als eines ihrer eindringlichsten Werke gilt das Buch "Pawels Briefe", in dem sie der Geschichte ihrer polnischen und von den Nazis deportierten Großeltern nachforscht. Um das Altern und gescheiterte Lebensentwürfe geht es etwa in dem viel gelobten Liebesroman "Animal triste" (1996), aber auch in "Ach Glück" (2007) und "Zwischenspiel" (2013). Persönlich geht die passionierte Raucherin das Alter eher locker an. Mit dem Geburtstag verbinde sie vor allem das Gefühl, noch zu leben, sagt sie. "Ist doch schön. Ich hätte ja auch schon tot sein können." Nach mehreren Ehen (wie viele, wird nicht verraten) lebt sie allein mit ihrem Mischlingshund Momo im Berliner Westen.

Und Angst vor dem Sterben? "Angst? Nein, es ist nur eben unvorstellbar, dass man dann einfach weg ist", sagt sie. "Ich glaube auch nicht an ein Leben nach dem Tod - wenn, dann nur als Gänseblümchen oder so was."

NADA WEIGELT, DPA