Die gebürtige Schweizerin Nora Schmid übernimmt ab September 2015 die Grazer Oper. Zuletzt war die 1978 in Bern geborene designierte Intendantin an der Semperoper in Dresden als Dramaturgin und Mitglied der Direktion tätig. Zum Jahreswechsel hat sie mit der APA über ihre Eindrücke von Graz, ihre Pläne und die schwierige Finanzsituation gesprochen.

Ihre Amtszeit beginnt im September 2015, wie laufen die Vorbereitungen, was machen Sie derzeit?

NORA SCHMID: Die Vorbereitungen laufen gut und machen viel Freude! Derzeit beschäftige ich mich insbesondere mit der künstlerischen Planung der ersten drei Spielzeiten. Dazu gehören unter anderem Vertragsverhandlungen, die Auseinandersetzung mit Stücken, das Engagement von Sängerinnen und Sängern, Gespräche mit Regieteams und natürlich auch Budgetfragen.

Sie waren zuletzt in Dresden an der Semperoper tätig - wie haben sie die Grazer Oper bisher erlebt, welchen Eindruck konnten Sie sich von der Stadt verschaffen?

SCHMID: Als Zuschauerin habe ich die Oper Graz schon lange vor meiner Bestellung immer wieder besucht. Bei meinen jetzigen Begegnungen mit den verantwortlichen Kollegen spüre ich immer eine große Hingabe und sehr viel Engagement und insgesamt ein sehr gutes, von Offenheit geprägtes Klima. An Graz als Stadt schätze ich besonders die schöne geografische Lage, die inspirierende Atmosphäre zwischen Tradition und Innovation und natürlich die vielfältige Kulturszene.

Wie beurteilen Sie das Repertoire, das in den letzten Jahren hier gespielt wurde?

SCHMID: Die Oper Graz hat national und international einen guten Ruf, basierend auf einer hohen Qualität im Musikalischen und Szenischen. Das möchte ich fortführen. Und das Reizvolle daran ist auch, wie bereits im Kulturauftrag fixiert, die große Bandbreite von Oper, Operette, Musical und Ballett.

Welche Schwerpunkte möchten Sie im Spielplan setzen?

SCHMID: Das genaue Programm werde ich im April vorstellen. Jetzt nur schon so viel: Die Oper ist für mich zuallererst ein Ort, an dem Geschichten erzählt werden, von und über die unterschiedlichsten Menschen. Und so gestalten wir einen Spielplan, der zum einen die Geschichte des Opernhauses Graz reflektiert und fortführt und zum anderen das aufgeschlossene und neugierige Publikum mit Neuem, Vergessenem oder selten Gespieltem konfrontiert.

Sie haben bereits einen neuen Ballettchef ernannt - welchen Stellenwert hat Tanz in der Oper für Sie?

SCHMID: Tanz hat für mich einen hohen Stellenwert - er ist für mich nicht einfach nur die kleinere Schwester in der Oper, sondern eine andere Sprache, um sich in Musik auszudrücken. Ich habe den neuen Ballettdirektor Jörg Weinöhl als charismatischen Tänzer und genauen Choreografen kennenlernen dürfen, noch lange bevor eine Zusammenarbeit im Raume stand.

Sie haben bei Ihrer Ernennung davon gesprochen, dass Sie gerne in die Stadt hinausgehen würden - wie soll das konkret ausschauen, wie soll das finanziert werden?

SCHMID: Mein Wunsch ist es, dass das Opernhaus Graz ein offenes Haus ist, das Impulse aus der Stadt aufnimmt und Energie und Themen in die Stadt hineinträgt. Ich hatte schon vielfältige und interessante Begegnungen mit Kulturschaffenden aus der Stadt. Noch ist es zu früh, um konkrete Projekte zu benennen, aber ich glaube, dass solche Kooperationen eine Bereicherung sind.

Stichwort Finanzen: Die Grazer Oper muss in den nächsten Jahren einige Einsparungen durchführen, um das Sparpaket erfüllen zu können. Wie gehen Sie damit um, wie sehen Sie allgemein die Finanzkrise der Opernhäuser?

SCHMID: Zu allererst erfordern Einsparungen, dass wir gut kalkulieren. Wir sind angehalten, sorgsam zu wirtschaften und genau zu prüfen, inwiefern und wie lange wir die Vielfalt und Qualität, die das Publikum von uns erwartet, auch realisieren können. Oper ist eine der komplexesten Kunstformen und dementsprechend in der Erarbeitung und Ausführung personal- und kostenintensiv. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass jeder in Kultur investierte Euro ein gut angelegter Euro ist! Wenn ich die Opernlandschaft beobachte, ist für mich das Ende der Fahnenstange dann erreicht, wenn die Grundstrukturen und damit verbunden ganze Sparten und das Spielen Können überhaupt zur Disposition stehen.

Was bedeutet Ihnen ganz persönlich Oper, gab es ein Schlüsselerlebnis?

SCHMID: Oh ja, das gab es! Ich erinnere mich ganz genau, es war eine "Rigoletto"-Vorstellung in meiner Heimatstadt Bern. Ich war damals noch ein Teenager und die Musik, die Szene und die Emotionen haben mich sehr aufgewühlt. Von da an war ich mit dem Opernvirus infiziert - für mich ist Oper seither eines der größten Abenteuer für Herz und Verstand.

Karin Zehetleitner, APA