Ein kurzer Anruf: "Ich habe was für dich, eine sehr heiße Geschichte. Du kriegst es gleich, aber du hast es nicht von mir." Geschehen vor ein paar Tage, Details enthülle ich logischerweise nicht. Was tun? Die Vorwürfe publizieren, um Schlagzeilen zu produzieren? Oder nichts veröffentlichen, weil man sich nicht instrumentalisieren lassen will? Natürlich konfrontiere ich den politischen Widersacher, doch dieser dementiert energisch. Wer hat recht? Was tun?

Der heiße Wahlkampf ist längst zum dreckigen Wahlkampf mutiert, und wir Journalisten stecken mittendrin. Manche Tages- und Wochenzeitungen sind zum Verlautbarungsorgan, zum Propagandamedium verkommen. So sollen Unterlagen existieren, dass bereits im Sommer geplant wurde, gewisse Leaks befreundeten Medien zuzuspielen. Nicht nur die Parteien, auch die Medien liegen im Clinch. Der Falter bezweifelt öffentlich die jüngsten Enthüllungen von Profil und Presse  - entweder aus simplen Neid oder aus politischer Willfährigkeit, anders kann ich es mir nicht erklären.

Was in den letzten vier bis fünf Tagen abgegangen ist, sucht in Österreich seinesgleichen. Da tauchen zunächst Hinweise aus, dass das gegen ÖVP-Chef Sebastian Kurz auf Facebook gestartete Dirty-Campaigning von jenem Berater orchestriert wurde, den der Kanzler angeheuert hatte. Der Wahlkampfleiter tritt zurück, zwei Tage später der Verbindungsmann zur verdeckt operierten Spezialeinheit. SIlberstein ist ein international anerkannter Dirty-Campaigner, seine Aktivitäten bei den Präsidentschaftswahlkampf im Jahr 2002 wurden sogar in Hollywood verfilmt.

Am Donnerstag gelangen weitere Details an die Öffentlichkeit, die die Beteuerung des Kanzlers, Silberstein habe nur Umfragen interpretiert, schwer erschüttert. Offenbar ging Silberstein seit dem Spätherbst 2016 im Kanzleramt ein und aus und stieg zum Chefberater auf. Hatte der Kanzler bereits zwei Jahre vor dem eigentlichen Termin am Wahlkampf gebastelt?

Am Abend dann die nächste Bombe. Der Falter kam der Presse mit dem Artikel zuvor, wonach ein ÖVP-Mitarbeiter dem Silberstein-Statthalter Peter Puller in Wien 100.000 Euro angeboten habe, um ihn zum Seitenwechsel zu bewegen. Wieder  greife ich zum Telefon. Puller bestätigt die Behauptung per SMS, der beschuldigte ÖVP-Mitarbeiter dementierte hingegen den Vorwurf am Telefonat. Puller, der bis vor wenigen Jahren dem Kernteam der ÖVP angehört hatte, habe ja im Gespräch abgestritten, dass er im Sold der SPÖ stehe. Eine andere Quelle kontaktiert mich und versichert mir, das mit dem Geldkoffer habe er schon vor sechs Wochen gehört. Stimmt das eigentlich alles? Oder wird der Vorwurf einfach in die Welt gesetzt, um die ÖVP mit in den Abgrund zu ziehen, im Sinn einer Politik der verbrannten Erde?

Wem glauben? Die Gerüchte nehmen abenteuerliche Ausmaße an. Die Übersetzerin, die die Interna ausgeplaudert habe, sei mit dem Sohn eines hohen ÖVP-Politiker liiert. Und dann ist von Pre-Paid-Kreditkarten die Rede, mit denen die Aktivitäten der Spezialtruppe bezahlt bzw. das Sponsoring der inkriminierten Seiten finanziert worden sind.

Ich fürchte, das ist nur der Beginn des dreckigen Wahlkampfs. DIe SPÖ hat nichts mehr zu verlieren und schlägt wild um sich. Der ÖVP kann das keineswegs gelegen kommen. Je länger mit Dreck herumgeworfen wird, umso stärker schmilzt der Vorsprung von Herrn Kurz.

Nutznießer der Schlammschlacht ist ausschließlich Herr Strache und die FPÖ. Er kann nur hoffen, dass er nicht auf Platz eins vorrückt. Kanzler wird er nie, weil weder SPÖ noch ÖVP ihm dem Gefallen machen. Für den Vizekanzler reichen Platz zwei oder drei.