Angriff ist die beste Verteidigung. Dieser Strategie hat sich Kanzler Kern in der mit Hochspannung erwartenden ATV-Elefantenrunde bedient, um den Schaden in der für die SPÖ desaströs Causa Silberstein zu minimieren. Eine Entschuldigung brachte der SPÖ-Chef nicht über die Lippen. Lieber versuchte er die anderen Parteien in die Causa hineinzuziehen (einer der österreichischen Silbersteinberater arbeitete früher bei der ÖVP und den Neos) und klagte über angeblich falsche Berichte über die beruflichen Aktivitäten seiner Frau. Mehrfach überraschte Kern später mit emotionalen Attacken gegen ÖVP-Chef Kurz ("ohne Merkel wäre Balkanroute nach wie vor so löchrig wie ein Nudelsieb"), was er bisher vermieden hat, wollte er doch bisher den intellektuellen, den innenpolitischen Niederungen entwachsenen Regierungschef hervorkehren. 

Kern wird verständlicherweise versuchen, die Causa bis zum Wahlsonntag unter den Teppich zu kehren, die eingesetzte Untersuchungskommission wird kaum vor dem 15.10. ihre Erkenntnis auf den Tisch legen. Die Rechnung wird nicht aufgehen, die Causa holt ihm bei jedem TV-Auftritt ein.

Im Silberstein-freien Teil der Elefantenrunde sorgte nur einer der Kandidaten für eine echte Abwechslung: Peter Pilz, der, welche Ironie, von der Absenz in den bisherigen TV-Marathondebatten profitierte. Während sich alle anderen Kandidaten ihrer in x-Diskussionen eingeübten, rhetorischen Endlosschleifen bedienten (Kern: "der Aufschwung ist da, aber noch nicht nur noch bei allen Leuten angekommen", Kurz mit dem Verweis auf Balkan- und Mittelroute, Strache als Vordenker, Strolz und seine "Fürsten der Finsternis"), die jeder politische Interessierte auswendig kennt, erzeugte Pilz auch mit seiner nachdenklichen Art bei jeder seiner Wortmeldung einen Spannungsmoment - nach dem Motto: Was sagt er jetzt? 

Dass er Kurz, Strache, Strolz, auch Lunacek mehrfach in die Parade fuhr, Kurz als den besseren Strache-Imitator würdigte, das Burka-Verbot mit ärztlichen Attests auf Japanisch ad absurdum führte, diente dem Vollblutpolitiker der so dringend notwendigen Aufmerksamssteigerung. Nur wenige andere Politiker beherrschen so perfekt das Spiel mit der Öffentlichkeit, um ihre Botschaften unter die Leute zu bringen. Vielleicht war der sonntägliche Auftritt von Peter Pilz, der linke Wirtschafts- und Sozialkonzepte kunstvoll mit rechter Rhetorik in Sicherheitsfragen verbindet, der entscheidende Moment, um den Einzug in den Nationalrat zu garantieren.