In keinem Wahlkampf gab es soviel Duelle, Debatten, TV-Interviews wie diesmal. Je nach Zählweise konnten politisch Interessieren bis zu 60 TV-Formate in ihrem Kalender auflisten. In den verbleibenden zweieinhalb Woche bis zum Wahlsonntag weisen die Konfrontationen eine solche terminliche Dichte auf, dass die Spitzenkandidaten kaum noch ihren Schritt über die Wiener Landesgrenzen setzen.

Manche Beobachter sprechen bereits von einem wahlkampfpolitischen Overkill, die Wähler würden überrollt, überfordert werden. Welch' sonderlich Einstellung. Es mag zwar sein, dass der Terminmarathon den Kandidaten auch körperliche Strapazen abverlangt. Der geneigte Wähler hatte noch nie soviel Möglichkeiten, sich ein Bild von den Kandidaten zu machen. Dass das Angebot angenommen wir, davon zeugen die hohen Einschaltquoten. Wem es zu viel ist, kann wegzappen und auf MTV oder Sky gehen.

Da und dort wird darüber geklagt, der Wahlkampf sei so inhaltslos. Es mag sein, dass tagsüber in der endlosen Abfolge der Pressekonferenzen wenig Inhaltsreiches zutage gefördert wird. In den meisten Debatten und Duelle prallen dann doch trotz punktueller Untergriffe und Sticheleien die verschiedenen Positionen aufeinander.

"Parteiprogramme sind das Altpapier von morgen", meint treffend Peter Pilz. Wer liest sich die 250 Seiten, die Sebastian Kurz häppchenweise präsentiert hat, wirklich durch? Ich meine, dass in den TV-Debatten die inhaltlichen Konturen der Kandidaten durchschimmern bzw. auf ihre Seriosität abgeklopft werden.

Noch nie könnte sich der geneigte Wähler einen so umfassenden Eindruck der politischen Szenerie verschaffen wie diesmal. Dass das nicht unbedingt die Entscheidung für den Wahltag erleichtert, steht auf einem anderen Blatt - und liegt ganz einfach am Glaubwürdigkeitsverlust der Politik.