Die 26. Gesetzgebungsperiode des Nationalrats ist erst gut vier Wochen alt, und die neu im Parlament vertretene Liste Pilz wandelt punkto interner Unstimmigkeiten bereits auf den Spuren des Team Stronach. Rund um das Thema Verfassung und Wahlrecht hat sich ein Streit zwischen dem Peter Pilz-Vertrauten und Anwalt Alfred Noll sowie dem Abgeordneten Wolfgang Zinggl entwickelt.

Zinggl hatte vergangene Woche gemeinsam mit seinem Abgeordnetenkollegen Bruno Rossmann Journalisten der APA und des ORF zu einem Hintergrundgespräch eingeladen. Dabei ventilierte Zinggl den Vorschlag einer Wahlrechtsreform, bei der nicht nur für, sondern auch gegen eine Partei gestimmt werden könnte. Nicht so sehr die direkte, sondern die repräsentative Demokratie wolle man stärken. Mit einer zusätzlichen Minus-Stimme könnte man dann "eine Partei abwählen", meinte Zinggl.

"Kein Maulkorb"

Für Verfassungsfragen innerhalb der Liste Pilz sieht sich aber offenbar Noll zuständig. Er rügte Zinggl und die berichtenden Medien in einem Posting im "Standard"-Online-Forum. "Vielleicht sind wir noch nicht ganz am Plafond intrafraktioneller Zusammenarbeit und professioneller Medienarbeit, wenn unser Kultursprecher von der APA als alleinige Auskunftsquelle für Verfassungsfragen genützt wird", schrieb Noll. "Es gibt sicher die Notwendigkeit, unsere repräsentative Demokratie um weitere Möglichkeiten der Teilhabe zu ergänzen, 'Minus-Stimmen' bei Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern sind eine bloß theoretische und nur vordergründig nette Variante, tatsächlich aber beseitigen sie in der Konsequenz das gleiche Wahlrecht. Mit mir nicht", so Noll in Richtung Zinggl.

Zinggl will sich von Noll freilich keinen Maulkorb umhängen lassen. Die Liste Pilz sei mit dem Versprechen angetreten, das freie Mandat zu leben, erklärte er am Dienstag gegenüber der APA. "Dementsprechend gibt es zweifelsohne in vielen politischen Fragen eine gemeinsame Stoßrichtung und einen roten Faden. Darüber hinaus wird es aber immer wieder abweichende Stellungnahmen geben, die ein lebendiges Parlament als experimentelles Angebot demonstrieren werden", so Zinggl.