Draußen auf dem Parkplatz der Industriezone von St. Veit steht der große Tourbus. Bis zum 15. Oktober ist er noch Wahlkampf-Arbeitsplatz von Christian Kern. Der SPÖ-Spitzenkandidat für die Nationalratswahl tourte gestern durch Kärnten. Am Abend dann, in der Produktionshalle des Solarunternehmens GreenoneTec, war Kern zwischen den Regalsäulen 1 bis 11 „Mitten drin in der Arbeitswelt“, stellte sich den Fragen von Adolf Winkler (Kleine Zeitung) und der „Jungen Jury“ mit Anna Fister, Simone Ratheiser und Elena Marko.

Hier die Diskussion zum Nachschauen:

Letztere wollten wissen, ob sich Kern, der die Gehälter von Managern staatsnaher Unternehmen auf 500.000 Euro im Jahr begrenzen will, als Ex-ÖBB-Chef überbezahlt gewesen sei? Kerns Konter: „Ich war mein Gehalt allemal wert, hätte es auch um 300.000 Euro gemacht. Weil es mir um Leidenschaft für den Job geht und nicht um Geld.“ Hinweis von Winkler: Im Jahr 2014 haben 13 ÖBB-Manager mehr verdient als der Bundeskanzler. Der bekommt 300.000 brutto. Nach allen Abzügen würden ihm 8500 Euro netto im Monat bleiben, rechnete Kern vor.

Als Experte war Franz Schellhorn, Direktor der wirtschaftsliberalen Denkfabrik Agenda Austria, mit auf der Bühne. Er rechnete ebenfalls: Jemand, der 1500 Euro im Monat brutto verdient, bekommt 1200 netto heraus, kostet jedoch 1960 Euro, weil die Sozialversicherung 580 Euro ausmacht. Ob das für den Kanzler so ok sei? Kern bekannte mit Blick auf die Sozialversicherungen zuerst pauschal ein, „da müssen wir effizienter werden. Wir brauchen eine grundsätzliche Reform“. Als Schellhorn nachstieß und fragte: „Wenn die Leistungen zwischen den einzelnen SV-Trägern angeglichen würden, dann bräuchte es doch nicht mehr 21 verschiedene Träger?“ meinte Kern: „Das scheint mir logisch“.

Im Gegensatz zur mahnenden "Kassandra" Schellhorn sieht Kern die Pensionen gesichert, aber: Pensionsorgien wie lange Jahre im staatsnahen Bereich lasse er nicht mehr zu. Ähnliche Vorgänge in Wien müsse die SPÖ Wien regeln, aber er habe jedenfalls bereits bewiesen, dass er willens sei, kleinere Pensionen stärker anzuheben und hohe Pensonen von Pensionserhöhungen auszunehmen.

Mit Investitionen in Bildung, Sicherheit, Gesundheit und Pflege wolle die SPÖ Österreich modernisieren, skizzierte der Bundeskanzler.
Auf Anfrage der „Jungen Jury“ gab er zu, dass nur Postings auf Facebook, die das Abendrot oder Stimmung am Millstätter See, seinem Freizeit-Wohnsitz, zeigen, von ihm persönlich seien. Im Wahlkampf habe er ansonsten ein Team für die Social-Media-Auftritte.

Ja zur Wertschöpfungsabgabe

Ob’s so schlimm wäre, ein bissl später in Pension zu gehen, hinterfragte Schellhorn eine Anhebung des Pensionsalters. Kern blockte ab: „Erst wenn wir mehr Über-50-Jährige aus der Arbeitslosigkeit in Jobs bringen, können wir über den Rest reden.“ Ein klares Ja gab’s hingegen einmal mehr für eine Wertschöpfungsabgabe und die Besteuerung milliardenschwerer digitaler Unternehmen: „Ich will beides“, sagte Kern. Steuerfrei bleiben sollen hingegen Einkommen bis 1500 Euro. Dass die eine Milliarde Euro für den Breitbandausbau nicht ausreichen werde, bekannte Kern ein: „Das kann bestenfalls der Anfang sein. Wir brauchen gute Infrastruktur für den ländlichen Raum.“

Die Überwachung der Innengrenzen, solange die EU-Außengrenzen nicht sicher sind, das sei weiter notwendig, sagte Kern zu Flüchtlingsfragen. Er bekräftigte: „Wir können keine weiteren Wirtschaftsflüchtlinge mehr nehmen. Unsere Verantwortung ist es, zu helfen. Bis an die Grenzen unserer Möglichkeiten, aber nicht darüber hinaus.“ Punkto Ängste und Sorgen der Bevölkerung meinte er: „Wir dürfen Probleme nicht verdrängen. Das Sicherheitsgefühl ist eines der wichtigsten.“
Ob er als Drittplatzierter wie einst Wolfgang Schüssel Bundeskanzler werden würde? „Ganz sicher nicht.“

„Mittendrin im Grenzland“ heißt es am 6. Oktober mit Sebastian Kurz (ÖVP) im Grenzmanagement Spielfeld.