Seit 20 Jahren führt Claudia Stöckl am Sonntag ihre "Frühstück bei mir"-Interviews auf Ö3. Heuer nutzte sie den anstehenden Wahlkampf, um die Spitzenkandidaten der Parlamentsparteien zum Frühstücksplausch zu bitten. Dass dabei niemand Tiefenbohrung in Sachen Staats-, Steuer- und Verwaltungsreform erwartete, war logisch. Dennoch konnte Stöckl ihren Gesprächspartnern Details entlocken, die bisher unbekannt waren.

Christian Kern etwa äußerte sich zu einem Zwischenfall in seiner Parteizentrale, Gerüchte über eine "tätliche Auseinandersetzung" machten in den Tagen vor dem Interview die Runde. Kern sagte ganz offen, dass bei manchen in seinem Team die Nerven blank liegen würden: "Die Geschichte ist aufgebauscht. Es gab Diskussionen zwischen zwei Kollegen, die sich nicht verstehen. Es kam zu einer Schubserei. Von Ohrfeige, Massenschlägereien à la Asterix, wie es durch die Medien geht, kann keine Rede sein. Aber natürlich: Es ist eine riesige Eselei und nicht zu entschuldigen." Auch seinen Kleidungsstil verteidigte Kern. Er trage zwar keine Maßanzüge, aber solle er sich in "Sack und Asche" kleiden. Kritisch ging er auch mit seinem Sohn Niko ins Gericht, der mit seinen Tweets den damaligen Koalitionspartner ÖVP provozierte. "Wie in jeder guten Familie reden wir uns das hinter geschlossenen Türen aus."

Claudia Stöckl interviewte die Spitzenpolitiker
Claudia Stöckl interviewte die Spitzenpolitiker © Ö3

Sein Privatleben war für Sebastian Kurz bisher privat. Im Gespräch mit Stöckl erklärte er jedoch ungewohnt offen: "Ich fühle mich noch zu jung für Kinder." Für das Kanzleramt gelte das freilich nicht, schob er gleich nach. Vor Freude hörbar überschlagen hat sich Kurz´Stimme, als er über seinen letzten Urlaub in Madeira sprach. Ihm und seiner Freundin sei ein Hund zugelaufen, er wollte ihn sogar mitnehmen. "Ich bin ein echter Tiernarr", bekannte Kurz. Politisch interessanter: der Beraterkreis Kurz´in Sachen Kultur. Dazu gehören Künstlermanager Herbert Fechter, Schauspieler Tobias Moretti und  Bildhauer Erwin Wurm.Dass Heinz-Christian Strache und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron politisch Welten trennen, ist bekannt. Um sich aber doch irgendwie im Glanz des politischen Aufsteigers zu sonnen, riskierte Strache einen Ausflug in die Verbalakrobatik. "Vielleicht bin ich der umgekehrte Macron mit einer jüngeren Ehefrau", erklärte das Verhältnis zu seiner 18 Jahre jüngeren Ehefrau. Weitere Bekenntnisse: Die Freunde der Familie seiner ersten Freundin seien ihm nicht nur heute peinlich sondern auch schon damals unangenehm gewesen. Strache war vor gut 30 Jahren mit der Tochter des rechtsextremen Politikers Norbert Burger liiert, kam in dessen Umfeld auch in Kontakt mit Neonazis wie Gottfried Küssel.
Neu war auch die Offenheit, mit der Strache dem Vorwurf begegnete, er sei Drogen-Konsument. Seit Jahren unterziehe er sich regelmäßiger Drogentests, um das Gegenteil zu beweisen.

Ulrike Lunacek, Spitzenkandidatin der Grünen, sagte zwar, sie wolle der privaten Inszenierung wenig Platz geben, war dann aber umso offener. Die in einer lesbischen Beziehung lebende Vizepräsidentin des Europaparlaments bekannte, dass sie in den letzten 20 Jahren nicht immer treu gewesen sei. Die Erkenntnis, dass sie sich zu Frauen hingezogen fühle, kam bei einem Frauenfest. "Da saßen dann zwei und schmusten miteinander, und ich hab so hingeschaut und hab mir gedacht: Warum bin ich da nicht schon früher auf die Idee gekommen?" Zukunftspläne abseits der Politik gibt es auch schon: "In zehn Jahren möchte ich eine Zeit lang in Peru leben und Bücher vom Spanischen ins Deutsche übersetzen."

Dass ein Blatt vor dem Mund nicht das seine ist, weiß man von Matthias Strolz, Klubobmann und Spitzenkandidat der Neos. Doch im Sommergespräch fielen in Nebensätzen noch mehr private Details als üblich. So erklärte Strolz, dass er sein Haus mit einem Franken-Kredit finanziert habe, der "von selbst immer mehr wird". Mehr Details aus dem Familienleben: den Heiratsantrag machte er bei einer Polsterschlacht und seine zweite Tochter kam bei einer Hausgeburt auf die Welt. In Verteidigungshaltung zu seinen Ansagen über Energien und Spiritualität ging Strolz jedoch auch: "Ich bin sicher sorgsamer geworden mit dem Umgang von gewissen Vokabeln. Ich stehe allerdings auch dazu zu sagen: 'Für mich hat Politik eine spirituelle Dimension'. Es geht hier um etwas, das viel größer ist, als eine Person. Ich weiß aber auch, dass ich Menschen dadurch verwirre."

Musikalische Überraschung

Übrigens: Im musikalischen Austro-Alltagsbrei zwischen Falco und Reinhard Fendrich getraute sich nur Kanzler Kern mit seinem Musikwunsch zu überraschen. Ein Cover des Depeche Mode Klassikers "Enjoy the Silence", dargebracht von Carla Bruni.