Caritas-Präsident Michael Landau appelliert an die wahlwerbenden Parteien, im laufenden Wahlkampf mehr auf sachliche Gelassenheit und weniger auf Emotionalisierung und Populismus zu setzen. "Die Emotionen sind mit dem Wahltag nicht vorbei. Man sollte nicht alles Porzellan zerschlagen, weil man sonst nach der Wahl nur mehr Scherben hat", sagte Landau am Sonntag in der ORF-"Pressestunde".

Von der nächsten Bundesregierung wünscht sich der Caritas-Präsident einen "Pakt für den sozialen Zusammenhalt". Man müsse Armut bekämpfen und den Zusammenhalt der Gesellschaft stärken. "Wer Österreich liebt", so Landau, "der spaltet es nicht". Landau hielt ein Plädoyer für den Sozialstaat. Dieser sei "notwendiger Ausdruck für die Würde des Menschen und eine Investition in den sozialen Zusammenhalt".

Fokus auf Afrika

In der Flüchtlingsfrage forderte Landau eine europäische Lösung. Österreicher habe Großes geleistet, aber "allein wird es nicht gehen". Auch hier empfahl Landau eine Versachlichung der Debatte. "Es ist wichtig, dass wir aus der Hyperventilation herauskommen. Die Wahrheit ist immer grau, sie ist nicht schwarz und weiß."

Inhaltlich müsse man bei den Fluchtursachen ansetzen und die Hilfe vor Ort verstärken. Hilfe für Afrika und ein Marshallplan für Afrika sollten einer der Schwerpunkte unter Österreichs EU-Präsidentschaft 2018 werden, forderte Landau. Zugleich müssten Menschen, die Schutz in Europa suchen, auch Schutz bekommen. "Wenn man das Sterben im Mittelmeer beenden möchte und wenn man den Schleppern das Handwerk legen möchte, und ich gehe davon aus, dass alle Wahlwerbenden das wollen, muss man den an Leib und Leben gefährdeten Zugang gewähren. Die Grenzen Europas dürfen keine Grenzen des Todes sein." Nicht jeder werde Asyl bekommen, aber es müsse faire Verfahren geben, meinte Landau.

Von Verfahrenszentren in Afrika hält der Caritas-Präsident allerdings wenig. Solche habe 2004 schon der deutsche Innenminister Otto Schily gefordert. Wenn man sich die verheerende Situation in Libyen anschaue, dann sei es ausgeschlossen, dass es dort in nächster Zeit Verfahrenszentren geben wird.

In der Arbeits- und Sozialpolitik forderte Landau mehr Anstrengungen zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit. Die Abschaffung des Pflegeregresses könne für Landau nur der Beginn einer umfassenden Reform der Pflege sein. 80 Prozent der Pflege finde durch Angehörige statt, hier brauche es eine Entlastung für die Betroffenen.

Punkto Mindestsicherung sprach sich der Caritas-Präsident neuerlich für eine einheitliche bundesweite Regelung und gegen ein "Sozialdumping" unter den Bundesländern aus. Auch hier wünscht sich Landau mehr Sachlichkeit in der politischen Auseinandersetzung aus. "Die Wirklichkeit sieht in einem warmen oder jetzt gut gekühlten Ministerbüro möglicherweise anders aus als in einem Obdachlosenheim." So wie es eine Wahlkampfkostenbeschränkung gibt, sollte sich die Politik auch eine "Populismusbeschränkung" geben. Man dürfe Mindestpensionisten und Mindestsicherungsbezieher nicht gegeneinander ausspielen.