Der Weg zu Neuwahlen in Österreich ist frei: Am Donnerstag verkürzte der Nationalrat die Gesetzgebungsperiode, nun fehlen nur noch Ministerrats- und Hauptausschussbeschlüsse für die Festlegung des Wahltags am 15. Oktober. Die Debatte dazu geriet zum Abgesang auf die Ära Rot-Schwarz. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) lobte in seiner Rede das Land, ÖVP-Chef Sebastian Kurz glänzte durch Abwesenheit.

Vor dem fast einstimmigen Beschluss - nur zwei fraktionslose Abgeordnete stimmten dagegen - übten sämtliche Oppositionsfraktionen Kritik an der Bundesregierung. FPÖ-Klubchef Heinz-Christian Strache rechnete mit SPÖ und ÖVP als Ursache vieler Probleme in Österreich ab, vor allem was die "Massenzuwanderung" betrifft: "Damit wollen wir am 15. Oktober Schluss machen." Abschätzig äußerte er sich über die neuen Köpfe an der Spitze beider Parteien. "Die Menschen erwarten mehr als so künstlich aufgebauschte Wunderwuzzis."

Ein Scheitern ortete auch der Grüne Albert Steinhauser, er kritisierte allerdings vor allem den allgemeinen Rechtsruck im Land. Die Antwort darauf sah er bei den Grünen, auch wenn manche sich fragten, ob deren Feuer noch brenne: "Ich sage: Ja, es lodert noch."

Auf das Ende des "rot-schwarzen Machtkartells" und die Verschwendung von Budgetmitteln hoffte NEOS-Chef Matthias Strolz. "Ihre Geldtaschen in Österreich würden NEOS wählen", meinte er. Robert Lugar vom in Auflösung befindlichen Team Stronach warb nicht für die eigene Partei, sagte aber: "Wählen Sie bei der nächsten Wahl nicht Rot und Schwarz, schaffen Sie neue Mehrheiten im Land." Sein Kollege Leo Steinbichler hielt seine - nach menschlichem Ermessen - letzte Brandrede im Plenarsaal gegen Palmöl.

Kern verwahrte sich gegen die negative Darstellung: "Ich möchte mir Österreich nicht schlecht machen lassen." Immerhin sei das Land gerade erst in einer Studie als vierterfolgreichstes Land der Welt ausgewertet worden. Was es brauche, sei Österreich mit ruhiger Hand in eine gute Zukunft zu führen.

Abschied im Parlament: Nationalrat ebnete Weg für Neuwahl

Vizekanzler Wolfgang Brandstetter (ÖVP) lobte, dass es in den vergangenen Wochen nach dem Platzen der Koalition gelungen sei, Materien wie Bildungsreform, Primary Health Care oder Frauenquote in den Aufsichtsräten zu beschließen. Einmal mehr machte er den Platzhalter für seinen Parteichef, denn Kurz weilte als Außenminister in Südtirol.

Gesprächsthema war der ÖVP-Chef dennoch. FPÖ-Generalsekretär bezeichnete ihn höhnisch als "Anführer der Buberlpartie 2.0". ÖVP-Sozialsprecher August Wöginger sah das ganz anders. "Entscheide gut, entscheide frei. Entscheide für Sebastian Kurz und die neue Volkspartei", sagte er in seiner Rede und wandelte damit einen Wahlkampfsong seiner Partei aus dem Jahr 1966 ab, den zuletzt Unterstützer Alexander Van der Bellens im Präsidentschaftswahlkampf für sich entdeckt hatten.