Ö3 hat heute seine Sommergespräche mit den österreichischen Spitzenkandidaten bei den Nationalratswahlen gestartet. Im Gespräch mit Claudia Stöckl in "Frühstück bei mir" war am Vatertag Bundeskanzler Christian Kern zu Gast. Dabei geht es vordergründig um Privates und Gefühle in der Politik.

Die ersten Minuten des Vatertages hat der vierfache Vater mit seiner Tochter verbracht, wie der Kanzler erzählte - gemeinsam bei einem Spiel. Generell würde der Morgen der Familie gehören. Auf die Frage, ob er es bereut, in die Politik gegangen zu sein, winkt Kern ab. "Noch nicht", im Gegenteil würde er mit "Freude" die Verantwortung tragen. Sein Ziel sei es nach wie vor, "für die Menschen die Lebensbedingungen zu verbessern". "Eigentlich ein einfacher Gedanke", die Realität sei aber oft anders, denn allzu oft würden "persönliche und parteipolitische Anliegen" im Vordergrund stehen. Wenn er auf das Jahr zurückschaut, sei er dennoch stolz auf die "vielen Gesetze, die beschlossen" wurden.

Gelassen? Nicht immer, aber meist. Natürlich würde ihn das eine oder andere Verhalten seiner Politikerkollegen auch "irritieren", manches "lehne er auch ab" und verweist darauf, dass er hin und wieder Höflichkeit und Respekt vermisse. Nachsatz: "So haben mich meine Eltern nicht erzogen."

Besonders stolz sei er am 1. Mai als Hauptredner gewesen. Zu sehen, wie alle "für dasselbe brennen", habe ihm besonders gefallen. Und ja, "die Partei muss sich ändern". Nichtsdestotrotz habe er sich in dem vergangenen Jahr "nie von der Partei im Stich gelassen gefühlt". Kritisch sieht er die "oftmals sinnlosen Diskussionen etwa über taktische Manöver". Seine Forderung an sich und die Partei: "Beschäftigen wir uns nicht mit uns selbst". Er schäme sich gar für "Selbstbeschäftigungs-Orgien".

Nach wie vor stehe Kern zu seiner "Pizza-Aktion". "Es war ein vergnüglicher Abend und ist eine nette Erinnerung". Manchmal müsse man eben unkonventionelle Wege gehen.

Ein persönliches Statement zur Sympathie gegenüber ÖVP-Chef Sebastian Kurz wollte der Kanzler nicht abgeben. Ob er eine Reizfigur für Kern sei? Das falle in die Riege der "Gschichtln und Legenden". 

Familie hat Priorität

Es sei wunderbar zu sehen, wie die Kinder groß werden. Er würde das wegen der Arbeit nicht missen wollen, deshalb nehme er sich auch bewusst immer wieder Zeit, vor allem für seine neunjährige Tochter. Dass diese auf eine katholische Privatschule gehe, sei bereits kritisiert worden. Kern dazu lapidar: "Es war die nächste Schule mit Nachmittagsbetreuung". Er sei im Grunde ein Anhänger des öffentlichen Schulsystems. Der "Lifestyle" des roten Kanzlers steht immer wieder im Fokus. Die guten Verdienste als Manager bei der ÖBB und auch jetzt als Bundeskanzler verleugnen wolle Kern nicht. "Ich muss nicht Sack und Asche zu meinem Lebensprinzip machen". Im Gegenteil: Alle sollen gut leben können von ihrem Einkommen, das sei das Ziel. Außerdem wolle wohl niemand, dass er "im Ruderleiberl ins Büro" kommt.

An seine Zeit als alleinerziehender Vater erinnert er sich gerne zurück. Angst, etwas zu verpassen, habe er nie gehabt. Da sein Sohn ein "Papa-Kind" war, war es eine klare Entscheidung, dass sein Sohn bei ihm und nicht bei der Mutter lebt.

Für Aufregung hat eben dieser Sohn, Nikolaus, kürzlich gesorgt, als er in einem Tweed gegen die ÖVP stichelte. "Wenn er sich politisch als Staatsbürger äußert, ist das sein gutes Recht", erklärt Kern. Nachsatz: "Auch wenn mir das nicht immer gefällt."

Zu einer möglichen Koalition mit der FPÖ betont Kern, dass sich seine Partei noch vor den Wahlen festlegen wolle. Definiert werden soll vor allem, wofür die SPÖ steht und nicht wogegen.

In seiner Frau Eveline Steinberger habe Kern "seinen Lebensmenschen gefunden". "Ich genieße jede Minute mit ihr." Sie sei sehr lebenslustig und temperamentvoll und die beiden würden "in dieselbe Richtung denken".

Aufklärung liefert Kern auch zur angeblichen "Ohrfeige" im Bundeskanzleramt. Das sei alles "aufgebauscht". Es habe eine Diskussion zwischen zwei Kollegen gegeben, die sich nicht besonders verstehen. Und dann hätte wohl der eine den anderen geschubst, von einer Schlägerei à la Asterix und Obelix sei man weit entfernt gewesen. Dennoch: "Es ist nicht zu entschuldigen".