Die USA und die Welt blicken gebannt der Vereidigung des neuen amerikanischen Präsidenten Donald Trump entgegen. Das heutige Großereignis  hat eine kontroverse Diskussion im ganzen Land ausgelöst. Viele Mitglieder und Abgeordnete der Demokratischen Partei bleiben dem Festakt vor dem Kapitol in Washington aus Protest fern. Hunderttausende Menschen wollen gegen die Politik Trumps demonstrieren.

Die Kundgebungen sind für den Tag der Vereidigung und das Wochenende danach angekündigt. Der künftige Vizepräsident Mike Pence gab sich dagegen optimistisch. Trump und er hätten ein Team zusammengestellt, das vom ersten Tag an in der Lage sei, "Amerika wieder großartig zu machen". "Es ist ein bedeutender Tag vor einem historischen Tag", sagte er am Donnerstag in Washington.

Am Freitag werden rund 900.000 Menschen in Washington erwartet, um an den Vereidigungs-Feierlichkeiten für Trump teilzunehmen. Der neue Präsident wird vor dem Kapitol seinen Amtseid leisten und dann an der Spitze einer Parade mit Tausenden Teilnehmern zum Weißen Haus, seinem künftigen Amtssitz, ziehen. Am Abend feiert Washingtons Gesellschaft die Amtsübergabe bei mehreren Bällen.

Persönliche Antrittsrede

Trumps Pressesprecher kündigte eine "sehr persönliche" Antrittsrede mit seiner "Vision für das Land" an. Sean Spicer sagte am Donnerstag in Washington, Trump wolle über die Herausforderungen für das Land und insbesondere dessen Mittelschicht sprechen. Dabei werde es dem neuen Präsidenten aber nicht in erster Linie darum gehen, seine politische Agenda zu erläutern. Vielmehr werde es sich um eine "mehr philosophische" Rede handeln. Trump wolle seine "Vision" von der angemessenen Rolle des Staates sowie der Rolle der Bürger schildern.

Im Vorfeld gab es erhebliche Verwerfungen. Zahlreiche Künstler weigerten sich, bei der Zeremonie aufzutreten. In Kirchen und gesellschaftlichen Organisationen wie den "Girl's Scouts" entbrannten Diskussion, ob es vertretbar sei, an den Feierlichkeiten teilzunehmen oder sie zu unterstützen.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International machte deutlich, sie werde jeden Versuch der Trump-Administration, die Menschenrechte auszuhöhlen, aktiv bekämpfen. Insbesondere Foltermethoden wie Waterboarding wieder aufzunehmen oder auszuweiten, werde auf entschiedenen Widerstand stoßen, sagte die USA-Chefin von Amnesty, Margaret Huang, am Donnerstag. "Aussagen, wie sie Trump während seines Wahlkampfs machte, hat es zuvor nicht gegeben. Außerdem hat Trump Personen in sein Kabinett geholt, die Menschenrechten feindlich gegenüberstehen."

Umgang mit Journalisten

Die Organisation Reporter ohne Grenzen kritisierte Trump wegen seines Umgangs mit Journalisten scharf. "Mit seiner demonstrativen Geringschätzung kritischer Medien hat der künftige US-Präsident schon vor seinem Amtsantritt schweren Schaden angerichtet", erklärte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr in einer Mitteilung. Eine der einflussreichsten US-Publikationen im Journalismus hat Trump eine Kampfansage geschickt. Der Columbia Journalism Review (CJR) kündigt höchste Standards, harte Recherchen und kritische Berichterstattung während Trumps Amtszeit an, auch wenn dieser versuche, den Zugang zu Informationen zu beschränken.

"Wir, nicht Sie, entscheiden, wie wir unseren Lesern, Hörern und Zuschauern am besten dienen", hieß es in dem acht Punkte umfassenden Brief an Trump. Verfasst hat den Brief vom Dienstag CJR-Chefredakteur Kyle Pope, der sich im Namen des "amerikanischen Pressekorps" an Trump richtet. Eine Unterzeichner-Liste gibt es nicht. Der CJR zählt aber zu den wichtigsten Publikationen der US-Branche und wird von der Columbia School of Journalism herausgegeben, die mit dem Pulitzer-Preis auch eine der begehrtesten Auszeichnungen für Journalisten vergibt.

Widerstand gegen Trump-Kabinett

Im US-Senat formiert sich erbitterter Widerstand gegen die Besetzung des Trump-Kabinetts. Der Fraktionschef der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, bezeichnete die Auswahl Trumps als "Sumpf". Mindestens drei Kandidaten stehen unter Beschuss, weil sie sich in ihrer Vergangenheit unethisch verhalten haben könnten.

Reaktionen aus dem Ausland

Im Ausland herrscht vor der Machtübernahme Trumps am Freitag exakt um 12.00 Uhr mittags (18.00 Uhr MEZ) Skepsis. Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn forderte die USA auf, das Verhältnis zur Europäischen Union nicht nur aus dem Blickwinkel des ökonomischen Konkurrenten zu sehen. Sein Amtskollege Sebastian Kurz hatte hingegen bereits bei seinem Moskau-Besuch am Mittwoch bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Russlands Chefdiplomaten Sergej Lawrow gemeint, dass er Trump nicht nach ein "paar Tweets" beurteilen wolle. Gegenüber der Tageszeitung "Kurier" (Freitag-Ausgabe) bekräftigte der ÖVP-Politiker: "Sinnvoller ist es, den Blick in die Zukunft zu richten, abzuwarten, welche Handlungen die neue Administration und der neue Präsident setzen, und sie nach den Taten zu beurteilen."

Im Vorfeld des Festakts hatte es auch Medienberichte gegeben, wonach FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und Vize Norbert Hofer zur Inauguration nach Washington reisen werden. Strache bestätigte dies später grundsätzlich auf seiner Facebook-Seite. Er werde mit einer Reihe von Politikern sprechen, ein Treffen mit Trump sei jedoch nicht geplant. "Ich wurde in dieser Woche nach Washington eingeladen. Wie üblich, begleitet mich auf dieser Reise eine Freiheitliche Delegation", schrieb Strache. Details ließ Strache offen - auch, ob er der Inauguration Trumps am Freitag tatsächlich beiwohnen wird. Die Einladung soll laut der "Kleinen Zeitung" von dem erzkonservativen republikanischen Abgeordneten und Trump-Fan Steve King gekommen sein, hieß es. Dieser hatte den damaligen Präsidentschaftskandidaten Hofer im Oktober in Wien besucht.

Die USA sind nach Angaben des Verteidigungsministeriums auch auf Provokationen Nordkoreas - wie einen möglicherweise bevorstehenden Raketentest - zur Amtseinführung vorbereitet. Aus Regierungskreisen hatte die Nachrichtenagentur Reuters erfahren, die USA hätten in Nordkorea Aktivitäten beobachtet, die auf den Test einer ballistischen Rakete hindeuteten. Unklar seien deren Reichweite und der Zeitpunkt eines Tests. In südkoreanischen Medien hatte es geheißen, der Norden könnte eine neue ballistische Interkontinentalrakete bereits zur Amtseinführung Trumps testen.

Feierlichkeiten gestern am Abend

Trump traf unterdessen Donnerstagmittag (Ortszeit) in Washington ein, wo die Feierlichkeiten zu seinem Amtsantritt am Morgen mit musikalischen Darbietungen am Lincoln Memorial begonnen hatten. Der künftige Präsident kam nach seiner Ankunft zunächst mit Kongressmitgliedern sowie Kandidaten für sein Regierungsteam zu einem Mittagessen zusammen. Anschließend sollte Trump zusammen mit seinem designierten Vizepräsidenten Mike Pence auf dem Nationalfriedhof in Arlington nahe der Hauptstadt mit einer Kranzniederlegung die gefallenen US-Soldaten ehren. Später stand ihr Besuch des "Willkommenskonzerts" am Lincoln Memorial, dem Monument für den früheren Präsidenten Abraham Lincoln, auf dem Programm. Bei dem Konzert traten neben anderen die Country-Sänger Lee Greenwood und Toby Keith auftreten.

Die Rede Trumps beim Lincoln Memorial:

Der Schauspieler Jon Voight hatte zuvor in einer kurzen Ansprache vor dem Lincoln-Memorial mit schweren Anschuldigungen an Trump-Gegner irritiert. Ihnen und den Medien warf er ein Sperrfeuer der Propaganda vor - aber Gott habe alle Gebete der Trump-Anhänger erhört.

Jon Voights Rede:

Stars protestierten

Bereits am Donnerstag gab es Proteste gegen Trump. In New York demonstrierten Tausende Menschen gemeinsam mit Stars wie Alec Baldwin und Robert De Niro. "Trump ist ein schlechtes Beispiel für dieses Land, für diese Stadt", sagte Schauspieler De Niro von einer Bühne zu den Demonstranten. Auch die Schauspieler Mark Ruffalo und Julianne Moore, der Regisseur Michael Moore und der Bürgermeister der Millionenmetropole, Bill de Blasio, waren unter den Demonstranten.

Auch in der schwer gesicherten Hauptstadt Washington sind für Freitag mehrere Demonstrationen geplant, unter anderem zur Gleichheit von Schwarzen und Weißen und zu den Rechten von Homosexuellen. Den Höhepunkt der Proteste wird es aber am Samstag geben. Dann werden zu einer Demonstration 200.000 Menschen erwartet.

Sorgen um Vermächtnis

Der scheidende US-Präsident Barack Obama hatte zuletzt deutliche Sorgen um sein Vermächtnis erkennen lassen. Mit einer nachdrücklichen Unterstützung der zentralen Rolle von Medien für eine funktionierende Demokratie verabschiedete er sich von den Journalisten. Er glaube weiterhin an die Stärke Amerikas. Das Ehepaar Obama wird nach der Vereidigung einer alten Tradition folgend von der Präsidenten-Maschine Air Force One aus der Stadt geflogen. Die Obamas wollen Urlaub in Palm Springs im US-Bundesstaat Kalifornien machen.