Nach der Veröffentlichung von Interviews mit Frauen, die US-Präsidentschaftskandidat Donald Trumpsexuelle Belästigung vorwerfen, hat sich die "New York Times" gegen den Vorwurf der Verleumdung verwahrt. "Das Wesen eines Verleumdungsvorwurfs besteht darin, jemandes Ruf zu schützen", schrieb der Vizepräsident der Zeitung, David McCraw, am Donnerstag in einem Brief an Trumps Anwalt.

Trump habe sich seinen Ruf jedoch bereits "selbst geschaffen". Mehrere US-Medien hatten am Mittwoch über Vorwürfe von Frauen berichtet, die Trump unabhängig voneinander beschuldigen, sie gegen ihren Willen geküsst und begrapscht zu haben. Die "New York Times" zitierte zwei der Frauen.

"Verleumdungen"

Trump bezeichnete die Berichte als "Verleumdungen und Schmähungen", hinter denen die "Clinton-Maschine" stecke. Es handle sich um eine "konzertierte, koordinierte und bösartige" Kampagne. Der Präsidentschaftskandidat der Republikaner kündigte eine Klage gegen die "New York Times" an, sein Anwalt verlangte die Rücknahme des Artikels und eine Entschuldigung durch die Zeitung.

Zeitungs-Vizechef McCraw schrieb, nichts in dem Artikel habe "die geringste Auswirkung auf den Ruf, den sich Herr Trump durch seine eigenen Worte und Taten bereits selbst geschaffen hat". Er verwies auf Trumps schlüpfrige Kommentare über Frauen und fügte hinzu, es gebe aber einen noch wichtigeren Aspekt: "Die Frauen, die in unserem Artikel zitiert werden, haben über eine Frage von nationaler Bedeutung gesprochen. Wir hätten nicht nur unseren Lesern, sondern auch der Demokratie einen Bärendienst erwiesen, wenn wir sie nicht hätten sprechen lassen."

Gerne Treffen vor Gericht

Die "New York Times" habe getan, "was das Gesetz erlaubt: Wir haben nachrichtlich relevante Informationen über ein Thema von großem öffentlichen Interesse publiziert", hieß es in dem Brief weiter. Wenn Trump anderer Meinung sei und meine, US-Bürger hätten kein Recht darauf zu hören, was diese Frauen zu sagen haben, und wenn er meine, seine Kritiker müssten "still sein oder bestraft werden", dann begrüße die Zeitung "die Gelegenheit, dass ein Gericht ihn eines Besseren belehrt".

Die Medienrechtsgruppe Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) warnte unterdessen, ein Wahlsieg Trumps wäre eine "Gefahr für die Pressefreiheit" in den USA. Der Vorstand des CPJ verabschiedete eine Resolution, in der es heißt, Trump sei eine "nie da gewesene Gefahr für die Rechte von Journalisten und die Fähigkeit des CPJ, sich für die Pressefreiheit weltweit einzusetzen".

Die CPJ-Vorsitzende Sandra Mims Rowe erklärte, Trump habe "durch seine Worte und Taten" wiederholt gegen die Werte des Verfassungsartikels verstoßen, der die Pressefreiheit garantiert. Eine Schwächung der Pressefreiheit in den USA habe Auswirkungen auf Journalisten in aller Welt. Die Absenkung der Standards in den USA "ermutigt Diktatoren und Despoten in aller Welt, die Medien in ihren Ländern einzuschränken", warnte Rowe.