Ganz schön laut kam die erste Hälfte der Amtszeit Donald Trumps daher - der Twitter-Präsident beschallt Freund und Freund im Dauertakt. Vor zwei Jahren wurde Donald Trump als 45. Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt - nach einem schmutzigen Wahlkampf und möglicherweise mit Hilfe aus Russland.

Schlagzeilen machte der schrille, reizbare Immobilienmogul mehr als alle seine Vorgänger. Zwölf Monate nach der Wahl landet er in Umfragen auf Rekordtiefs; die Treue hält ihm nur noch die republikanische Basis. In Befragungen beschreiben ihn selbst seine Fans als „sexistisch, rücksichtlos und unehrlich“. Einen „Operetten-Präsi“ nennt ihn der „Spiegel“, einen „stolpernden Demagogen“ der Washingtoner Politologe Charles Kupchan. „Das Weiße Haus ist zur Kinderkrippe für Erwachsene geworden“, bilanzierte Trumps Parteikollege Bob Corker. Einzig ein paar vernünftige Mitarbeiter würden verhindern, dass die USA vollends ins Chaos abstürzen, meinte der Senator aus Tennessee.

Verhöhnung der Justiz

Immer wieder fiel der Präsident über die Justiz seines Landes her und verhöhnte sie als „Lachnummer“ - zugleich gab er den Richtern "Tipps", wie sie ihre Urteile zu fällen hätten - beispielsweise über den Attentäter von New York zu fällen. Zugleich hat er zahlreiche Schlüsselpositionen in der Justiz des Landes mittlerweile mit Konservativen besetzt. Er attackiert einen New Yorker Senator für Einwanderungsgesetze, die eigentlich George Bush senior unterschrieben hat. Plump, gehässig, im Biertisch-Stil. Er ätzt über die Menschen in Puerto Rico, die mit den Aufräumarbeiten nach dem Sturm zu kämpfen haben; bekundet Neonazis seine Sympathie. Von seinen großen Versprechen aus dem Wahlkampf hat Trump nur wenig in die Realität umgesetzt: die Mauer zu Mexiko, für die er die Mexikaner bezahlen lassen wollte; die Gesundheitsreform Obamas, die er durch eine „großartige Reform“ ersetzen wollte; Investitionen in die Infrastruktur - die Welt wartet. Um doch noch seine Mauer zu bekommen, versetzt Trump im Streit mit den Demokraten Teile der Regierung und des Landes in den Dauerstill-Stand - Konsens ist keiner absehbar. Klimaschutz? Abgesagt.

Steuerreform durchgesetzt

Durchsetzen konnte Trump seine als „historisch“ angekündigte Steuerreform, mit der der Höchststeuersatz für Unternehmen von 35 auf 20 Prozent gesenkt wird. Kritiker sprechen von einem Geschenk an die Reichen, da diese steuerlich entlastet werden - die Reform wird den Haushalt der USA noch über lange Jahre belasten. Die Waffengesetze verschärfen, wie es viele nach dem Massaker von Las Vegas forderten, als ein weißer Amerikaner Zivilisten angriff? Fehlanzeige.  Ein ehemaliger Mitarbeiter hat zugegeben, in der Russland-Affäre beim Sammeln von „Schmutz“ über Clinton für Trump gelogen zu haben. Enge Mitarbeiter des Präsidenten, wie sein füherer Anwalt Michael Cohen, wurden zu Gefängnisstrafen verurteilt.

Der Unzähmbare

Hätte Trump die Fähigkeit zur Selbstkritik, gäbe es wohl nur einen denkbaren Tweet, um Bilanz zu ziehen: „A big loser! SO SAD!!!“ Die Supermacht in den Händen eines zynischen, einem rassistisch gefärbten Nationalismus das Wort redenden Clowns. Von seinen Mitarbeitern zähmen, wie manche gehofft hatten, lässt sich der Reizbare sicher nicht. Hat Trump der Welt geschadet?

Im Moment sieht es eher danach aus, dass Trump die Welt nervt und Amerika schadet. Außenpolitisch haben sich die USA unter Trump im Großen und Ganzen von der Weltbühne abgemeldet. "Wir sind nicht mehr der Weltpolizist", sagt Trump ganz offen - und überlässt in Syrien das Feld immer mehr den Russen. Das Getöse über Twitter ist zwar laut, die Sacharbeit steht. Seine Auslandsreisen dienten vorrangig der Inszenierung und Anbahnung von Geschäften. Gelitten hat die Glaubwürdigkeit der USA als Fackelträger von Demokratie und Rechtsstaat. Ein US-Präsident, der die Gewaltentrennung mit Füßen tritt und den Rechtsstaat verachtet, spielt den Diktatoren dieser Welt in die Hände.

Gegengewicht

Andererseits: Amerika weiß sich zu wehren. Auch das stellt es in diesen Tagen unter Beweis. Sonderermittler Robert Mueller ermittelt allen Einschüchterungsversuchen zum Trotz in der Russland-Affäre munter weiter. Mehrfach stellte sich die Justiz Trump bei Gesetzesvorhaben, etwa seinen Einreiseverboten, in den Weg.

Im verbalen Zweikampf mit dem nordkoreanischen Diktator um die härteste Kriegsdrohung schrammte Trump immer wieder am Rande des Atomkriegs entlang - bleibt zu hoffen, dass die Gespräche eine echte Entspannung bringen. 

Wenig Respekt

Aus der großartigen Nahost-Initiative, die Trump zu Beginn in Aussicht stellte, ist nichts geworden; vielleicht auch, weil er statt eines Diplomaten seinen Schwiegersohn damit beauftragt hat. Dafür überraschte er die Welt mit der Behauptung, die Terrormiliz IS sei besiegt. Mit China wollte Trump sich anlegen, mit Russland versöhnen - daraus wird wohl nichts mehr. Als sich während der Revolte in Katalonien herausstellte, dass es ja auch in Spanien keinen US-Botschafter mehr gibt, sprach das Magazin „The Atlantic“ von weiteren Hinweisen „auf einen Zusammenbruch der US-Außenpolitik“. „Nicht zum ersten Mal spüren die Amerikaner und der Rest der Welt die Folgen der Tatsache, dass ein Präsident mit so wenig Respekt auf der Weltbühne einer Administration vorsteht, die fast so dysfunktional ist, wie es sich Wladimir Putin nur wünschen kann.“

Zugleich scheint man gerade in Moskau wie auch in Peking längst verstanden zu haben, dass mit diesem Mann in Washington nichts anzufangen ist. Trotz der Vorwürfe Trumps ist es im Nordkorea-Konflikt zu weiten Teilen die chinesische Regierung, die sich um Beruhigung bemüht.

Hintertürl

Zugutehalten könnte man Trump, dass er in all seiner Verweigerung und Sprunghaftigkeit doch oft ein Hintertürl offen hält. Gegen das Atomabkommen mit dem Iran wettert er zwar heftig; letztlich übergab er die Agenda aber dem Kongress, ohne dem Vertrag endgültig den Todesstoß zu versetzen. Dem Pariser Klimaabkommen erteilte er eine fatale Abfuhr - doch aussteigen können die USA vor dem Jahr 2020 ohnehin nicht. Beim Handelsstreit mit China fährt er einen Zick-Zack-Kurs.

Vor einer Weile sorgte im Internet eine Videomontage für Furore, die die fiktive Festnahme von Trump und seiner Entourage zeigt - untermalt mit dem Bond-Soundtrack „From Russia with Love“. FBI-Agenten schieben Donald Trump gegen seinen Widerstand aus einem Gebäude, seine Hände sind auf dem Rücken zusammengebunden. Im Moment ist das noch Wunschdenken seiner Gegner, für ein strafrechtlich relevantes Vergehen Trumps fehlen die Beweise. Für ein Amtsenthebungsverfahren fehlt den Demokraten die Mehrheit im Repräsentantenhaus. Nach derzeitigem Stand heißt es: noch zwei Jahre. Amerika streitet über Trump, Amerika wird Trump überstehen. Der Rest der Welt hoffentlich auch.