Die russische Regierung verschärft ihre diplomatischen Sanktionen gegen Großbritannien: Die britische Botschaft müsse ihr Personal um mehr als 50 Diplomaten reduzieren, teilte das russische Außenministerium am Samstag in Moskau mit. Die Forderung war bereits bekannt, allerdings nannte Moskau bisher keine Zahl.

Mit der Maßnahme solle "Gleichheit" hergestellt werden, sagte Außenamtssprecherin Maria Sacharowa zur Nachrichtenagentur AFP. Erreicht werden solle, dass Großbritannien und Russland die gleiche Zahl von Diplomaten im jeweils anderen Land hätten. Derzeit habe "die britische Seite noch über 50 Leute mehr", sagte die Sprecherin.

Bereits am Freitag wurde Großbritanniens Botschafter in Moskau, Laurie Bristow, dem russischen Außenministerium zufolge mitgeteilt, dass die Regierung in London einen Monat Zeit hat, die Zahl der diplomatischen Vertreter in Russland auf die selbe Zahl russischer Vertreter in Großbritannien zu reduzieren. Wie groß die Einschnitte sind, war zunächst nicht klar.

Maschine durchsucht

Indes spitzte sich der Konflikt am Freitag auch am Londoner Airport Heathrow weiter zu.

Eine Maschine der russischen Fluglinie Aeroflot ist Medienberichten zufolge in Heathrow durchsucht worden. Die russische Botschaft in London verurteilte die Durchsuchung am Freitag als "eine weitere offensichtliche Provokation durch die britischen Behörden" und forderte vom Außenministerium eine Erklärung für den Vorgang, wie die Nachrichtenagentur Tass berichtete.

Britische Grenz- und Zollbeamte hätten das Flugzeug durchsucht, das auf der Strecke Moskau-London-Moskau unterwegs gewesen sei. Den Angaben der Botschaft zufolge hätten sie versucht, dies in Abwesenheit der Crew zu tun, was von den Regeln her "kategorisch verboten" sei, berichtete Tass.

Vergiftetes Klima

Erst nach langen Verhandlungen mit einem russischen Botschaftsangehörigen sei es dem Flugkapitän erlaubt worden, der Durchsuchung beizuwohnen. Das britische Außenministerium sagte dem Sender BBC, Zollbeamte hätten ein Flugzeug in London bestiegen, gab aber keine weiteren Details an.

Die Stimmung zwischen Großbritannien und Russland ist wegen des Streits über den Nervengiftanschlag auf den russischen Ex-Spion Sergej Skripal und seine Tochter Julia angespannt. Die beiden waren am 4. März in der englischen Kleinstadt Salisbury bewusstlos auf einer Parkbank entdeckt worden. Großbritannien macht Russland dafür verantwortlich, weil angeblich der zu Sowjetzeiten entwickelte chemische Kampfstoff Nowitschok eingesetzt wurde. Moskau weist diese Anschuldigungen zurück.

Seit dem Aufflammen des Streits hatten Großbritannien und Russland bereits gegenseitig 23 Diplomaten ausgewiesen. Moskau untersagte auch die Arbeit des britischen Kulturinstituts British Council.

Diplomaten reisen aus

Im Streit zwischen den westlichen Ländern und Russland wegen der Giftattacke haben Diplomaten auf beiden Seiten ihre Ausreise vorbereitet. In Russlands nördlicher Metropole St. Petersburg sollten US-Diplomaten bis Samstagabend das für geschlossen erklärte Generalkonsulat räumen.

Aus den USA sollten im Lauf des Tages 60 des Landes verwiesene russische Diplomaten und ihre Familien mit zwei Sonderflügen abgeholt werden. Das sagte der russische Botschafter in Washington, Anatoli Antonow, der Agentur Interfax. Das russische Konsulat in Seattle an der US-Westküste wurde geräumt.

Russland hatte am Freitag die Ausweisung von etwa 150 seiner Diplomaten aus mehr als 20 Ländern damit beantwortet, dass es die genau gleiche Zahl ausländischer Diplomaten des Landes verwies. Deshalb müssen auch vier Vertreter Deutschlands Moskau verlassen.