Nach dem Rücktritt des slowenischen Regierungschefs Miro Cerar stehen in Slowenien vorgezogene Wahlen bevor. Präsident Borut Pahor rechnet mit Neuwahltermin in der zweiten Mai-Hälfte, hieß es am Donnerstag aus seinem Büro nach einem Treffen mit Cerar. Als der wahrscheinliche Termin für reguläre Wahlen wurde bisher der 10. Juni gehandelt.

Bevor der Präsident den Wahltermin ausschreibt, wird er nächste Woche noch mit den Parlamentsparteien beraten.

Pahor kündigte an, auf sein Vorschlagsrecht zur Nominierung eines neuen Regierungschefs zu verzichten. "Er ist der Ansicht, dass vorgezogene Parlamentswahlen angebrachter sind", teilte sein Büro mit.

Das Vorschlagsrecht haben außerdem die Parlamentsparteien sowie mindestens zehn Abgeordnete. Wenn auch sie darauf verzichten, würde das den Weg für Neuwahlen freimachen. Die mitregierenden Sozialdemokraten (SD) und Pensionistenpartei (DeSUS) signalisierten bereits, dass sie sich für rasche Neuwahlen einsetzen.

Der Rücktritt des Ministerpräsidenten führt nicht automatisch zur Auflösung des Parlaments. Zuvor muss das Parlament laut slowenischer Verfassung versuchen, aus den eigenen Reihen einen neuen Premier zu wählen. Dafür sind höchstens drei Wahlversuche innerhalb von 30 Tagen nach dem Rücktritt des Regierungschefs vorgesehen. Erst wenn diese scheitern, darf der Präsident das Parlament auflösen und Neuwahlen ausschreiben.

Cerar trat zurück

Der slowenische Regierungschef Miro Cerar hatte am Mittwochabend seinen Rücktritt angekündigt. Der Anlass war eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, der ein im vergangenen September abgehaltenes Referendum über das größte Bahnprojekt im Land aufgehoben und ein neues Referendum angeordnet hat. "Das war der Tropfen, der den Fass zum Überlaufen brachte", sagte Cerar bei einer Pressekonferenz.

Cerar, der vor dreieinhalb Jahren mit seiner liberalen Neupartei SMC die Wahl gewonnen hat, kritisierte alte etablierte Parteien, darunter auch seine beiden Koalitionspartner, mit allen Mitteln die Entwicklung des Landes zu behindern. Seine Koalitionspartner, die Sozialdemokraten (SD) und die Pensionistenpartei (DeSUS), hätten ihm bei wichtigen Reformen Hindernisse in den Weg gelegt, sagte Cerar.

Auch Gewerkschaften kritisiert

Er rügte auch die Gewerkschaften, deren "Forderungen nicht realisierbar und sogar schädlich für das Land" seien. Im vergangenen Monat begann eine Streikwelle im öffentlichen Dienst, mit der die Gewerkschaften Gehaltserhöhungen fordern. Am Mittwoch streikten bereits zum zweiten Mal die Lehrer, so dass landesweit die Schulden und Kindergärten geschlossen blieben.

Mit dem am Mittwoch gekippten Referendum wurde im Vorjahr ein Gesetz, das den fast 1 Mrd. Euro schweren Bau einer neuen leistungsstarken Bahnstrecke zwischen dem Adria-Hafen Koper und dem Hinterland festlegte, bestätigt. Nach einer Beschwerde darüber, dass die Regierung Budgetmittel einsetzte, um für das Gesetz zu werben, hob das Oberste Gerichtshof die Volksabstimmung auf. Laut dem Gericht hätte die Regierung in der Kampagne nicht nur positive, sondern auch auf negative Folgen der Investition präsentieren müssen.

In Slowenien sollten im Juni reguläre Parlamentswahlen stattfinden. Wann nun gewählt wird, wird der Staatspräsident Borut Pahor entscheiden.