Es ist nichts weniger als ein politischer Supercoup, der am Donnerstag um 19.12 Uhr Ortszeit jäh und unerwartet über Washington hereinbricht. Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un hat sich zu einem Treffen mit US-Präsident Donald Trump bereit erklärt. Und der sagt zu. Noch vor wenigen Monaten haben die beiden einander mit den schlimmsten Drohungen überzogen.

Die von Südkorea vermittelte Zusammenkunft hat historische Dimensionen: Noch nie hat sich ein amtierender US-Präsident mit einem der drei bisherigen Machthaber aus der Kim-Dynastie getroffen, die seit 70 Jahren über die Menschen im Norden der geteilten Koreanischen Halbinsel herrscht.

Es ist nicht lange her, da schienen die beiden zutiefst verfeindeten Staaten immer schneller auf eine Wand zuzurasen. Ihr Streit ist der gefährlichste Konflikt der Welt, die internationale Gemeinschaft fürchtete eine atomare Eskalation.

"Wahnsinniger Greis", "feiger Hund"

Wie hatten sich beide Seiten nicht 2017 gegenseitig überzogen: irre, klein und dick, wahnsinnig, geisteskranker Greis, "little rocket man", kranker junger Hund und feige, Trump drohte mit "Feuer und Zorn" - und das ist nur eine Auswahl.

Sind das jetzt die ersten Anzeichen dafür, dass Kim im Streit um das Atom- und Raketenprogramm des Landes die Waffen strecken könnte oder ein Eingeständnis, dass er sich bisher auf einem Holzpfad befunden habe, wie Südkorea und die USA immer wieder behaupten? Viele Fragen bleiben weiter offen.

Südkoreanische Sondergesandte teilten nach Gesprächen in Pjöngjang Anfang dieser Woche mit, Kim habe angedeutet, mit den USA über die Schaffung einer atomwaffenfreien Halbinsel reden zu können. Welche weiteren Gegenleistungen Kim dafür verlangt, ist noch unklar. Aber Kim habe bekräftigt, dass er Sicherheitsgarantien für das System wolle, hieß es.

Vorerst einmal: Abwarten und weiter mit Muskeln spielen

Noch am Donnerstagabend relativiert ein ranghoher Mitarbeiter der Regierung die jüngsten Entwicklungen. Man rede jetzt noch nicht über Verhandlungen. Es sei zunächst nicht mehr als ein Treffen von Angesicht zu Angesicht. Die USA bestünden auf einer vollständigen Denuklearisierung der Koreanischen Halbinsel. Mit weniger werde man sich nicht zufrieden geben. "Das ist das Ergebnis, das die ganze Welt erwartet."

Immer wieder hatte die autokratische Führung in Pjöngjang in den vergangenen Jahren betont, die Nuklearwaffen des Landes seien nicht verhandelbar - auch nicht für Milliarden von Dollar. Die internationale Gemeinschaft kritisierte Pjöngjang dafür, fast alle Ressourcen ins Militär und die Waffenentwicklung zu stecken, während die meisten Menschen des Landes in großer Armut lebten.

Kostspielig waren die bisher sechs Atomversuche und die zahlreichen Raketentests. Allein im vergangenen Jahr gab Kim den Befehl für mindestens 20 Tests mit ballistischen Raketen, einschließlich dreier Interkontinentalraketen. Ballistische Raketen sind in der Regel Boden-Boden-Raketen, vor allem Atomraketen. Solche Raketen steigen in große Höhen auf und verlassen in der Regel zwischenzeitlich die Atmosphäre, bevor sie auf ihr Ziel fallen.

Atomprogramm und Sanktionen

Das Atomprogramm gilt politisch als Garantie für das Überleben der Führung - auch wenn diese den härtesten Sanktionen unterworfen ist. Militärisch wähnt sich Nordkorea damit unangreifbar. Ziel war es stets, Raketen zu entwickeln, die einen Atomsprengkopf bis auf das Festland der USA tragen können. Nordkorea sieht sich dazu bereits imstande. Washington wird eine feindselige Politik unterstellt.

Jetzt verhielt sich Nordkorea zunächst überraschend ruhig nach den wichtigen Ankündigungen durch die südkoreanische Regierung: darunter ein geplantes Gipfeltreffen mit Präsident Moon Jae-in im April, jetzt ein Treffen mit Trump bis spätestens Mai. Auch wolle Nordkorea keine Atom- und Raketentests mehr unternehmen.

Trump selbst hatte ein Treffen immer wieder mal angedeutet. Im November auf seiner Asien-Reise sagte er unversehens, vielleicht wäre ein Treffen mit Kim ja eine gute Sache für die Welt, wer weiß?