Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) besetzt heute den ÖBB-Aufsichtsrat neu mit Ex-FPÖ-Politikern und ÖVP-Vertrauten. An der Spitze wird Ex-SPÖ-Ministerin Brigitte Ederer durch Heta-Vorstand und Burschenschafter Arnold Schiefer ersetzt. Wie passt diese Umfärbung auf offener Bühne zum angesagten „neuen Politikstil“ der türkis-blauen Bundesregierung? Ein Vergleich mit den Postenumfärbungen in der Schüssel-Haider-Ära von Schwarz-Blau zeigt eingeübten Habitus mit einer Nuance an Unverhohlenheit mehr.

Vor Beginn der ao. Hauptversammlung heute bei den ÖBB, bei der es zu den Rochaden kommen wird, hat der geschäftsführende SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder massive Kritik am Vorgehen von Hofer geübt. "Es gibt jedenfalls keinen sachlichen Grund dafür, dass man bewährte Kräfte vorzeitig ablöst", so Schieder in einer Aussendung. Hofer müsse "kapieren, dass der Aufsichtsrat der ÖBB - des größten heimischen Verkehrs- und Infrastrukturunternehmens - kein Verschiebebahnhof für FPÖ-Parteigänger werden darf", so der Sozialdemokrat. Den Freiheitlichen gehe es "nie um das wirtschaftliche Wohl des Unternehmens, sondern um das ihrer Parteifreunde". Der ÖBB-Aufsichtsrat werde "praktisch auf jeder Position schlechter besetzt als davor".

Auch die NEOS und die Liste Pilz kritisierten das Vorgehen der schwarz-blauen Bundesregierung. "Das, was die FPÖ früher kritisiert hat, macht sie nun selbst. Sie besetzt die Stellen nach dem Parteibuch und nicht nach der besten Eignung", so NEOS-Verkehrssprecher Douglas Hoyos. "Ein Paradebeispiel von Wasser predigen und Wein trinken. Das ist ganz alter Stil", war Hoyos der FPÖ weiters vor. Die Personalrochaden - sieben von acht Aufsichtsräten der Kapitalseite werden ausgetauscht - sei problematisch. Es werde nicht nach Qualifikationen entschieden, sondern aufgrund von Parteifarben.

Der Klubchef der Liste Pilz, Peter Kolba, kritisierte im Ö1-"Mittagsjournal" des ORF-Radios die "atemberaubenden Schnelligkeit" mit der "umgefärbt" werde.

Privilegienabbau, Entpolitisierung, „neu regieren“ waren auch Schlagworte der Wenderegierung 2000. Ein Rechnungshofbericht über zahllose Wechsel von Aufsichtsräten und Managern in elf Staatsbetrieben bis Mitte 2001 lag 2003 mit trübem Fazit auf dem Tisch. Um politisch Vertraute auf die Posten zu bringen, wurden für vorzeitige Manager-Vertragsauflösungen und Headhunting bis zur Farce fünf Millionen Euro verbraten – unter häufiger Umgehung des Stellenbesetzungsgesetzes, wie der Rechnungshof damals kritisierte.

Den ÖBB-Aufsichtsrat beschickten die Minister vorzugsweise mit ihren engsten Mitarbeitern. Im Mai 2002 wurde der Kabinettschef des FPÖ-Verkehrsministers Mathias Reichhold, Georg Fürnkranz, Aufsichtsrat. Ebenso Matthias Winkler, der Pressesprecher des damals noch freiheitlichen Finanzministers Karl-Heinz Grasser.

Bei einem großen ÖBB-Aufsichtsratswechsel 2004 setzte BZÖ-Verkehrsminister Hubert Gorbach zwar auch den Ex-FPÖ-Politiker Siegfried Dillersberger ein, dazu aber immerhin prominente Wirtschaftsleute wie den späteren IV-Präsidenten Kari Kapsch, Fruchtsafthersteller Franz Rauch, Niki Lauda, Telekom-Chef Rudolf Fischer, CA/BA-Vorstand Regina Prehofer, die Kärntner Manager Hermann Egger und Reinhard Iro sowie als Aufsichtsratschef den souveränen Wienerberger-Vorstand Wolfgang Reithofer.

Unter SPÖ-Verkehrsminister Werner Faymann ging es andersherum. So wurde 2006 der im Asfinag-Vorstand gelandete Ex-FPÖ-Minister Reichhold ebenso vorzeitig abgelöst wie Franz Lückler, ehemaliger Büroleiter der früheren steirischen Landeshauptfrau Waltraud Klasnic.
Nun besetzt Hofer neu und lobt die Aufsichtsräte aus seiner Sicht: den Ex-FPÖ-Politiker Norbert Gugerbauer als „führenden Kartellrechtler“, die Ex-FPÖ-Verkehrsministerin Monika Forstinger als „persönlich erfahren“ in Sachen ÖBB. Hinzu kommen Sektionschef Andreas Reichhardt, Versicherungsmanager Kurt Weinberger, Wärmepumpen-Unternehmer Kurt Ochsner, die in Wirtschaftsrecht versierte Juristin Cattina Leitner und die streitbare Neoliberale Barbara Kolm.