"Die Regierung will offenbar den Arbeitnehmern den Boden unter den Füßen wegziehen und ihnen Angst machen. Ich weiß nur noch nicht, ob das ein Moser-Hobby ist oder der neue Stil der Regierung", formuliert  Roman Hebenstreit, Chef der Eisenbahner und Dienstleistungsgewerkschaft Vida.

Was ihn so besorgt macht, ist die Ankündigung von Justizminister Josef Moser, "unnütze" Gesetze zu entsorgen. „Ich fürchte, unter dem Deckmantel der Rechtsbereinigung strebt man einen inhaltlichen Umbau der Rechtsordnung an. Wenn man das will, sollte man so ehrlich sein und das dann auch sagen.“ Das sagt auch Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk im Gespräch mit der Kleinen Zeitung.

Minister Moser will Österreichs Gesetze entrümpeln. Es geht um alte, überholte Gesetze, wie das "Mühlenstrukturverbesserungsgesetz" oder die Alkoholabgabe von 1973, es geht aber auch um eine Kompetenzentflechtung zwischen Bund und Ländern und um das sogenannte "Golden Plating".

"Golden Plating"

Was ist dieses "Golden Plating"? Die Ministerien sollen bis 15. Mai alle Gesetze melden, bei denen EU-Vorgaben übererfüllt werden. Bei AK und Gewerkschaften schrillen da alle Alarmglocken. Der Konflikt zwischen zentraler Bevormundung und Konsumentenschutzinteressen ist nicht neu. Neu ist möglicherweise die Gewichtung in der Bewertung.

Bisher jedenfalls wurde Österreich als Vorreiter betrachtet, was Arbeitnehmerschutzbestimmungen, Konsumentenschutz sowie Klima- und Umweltschutz betrifft. Jetzt könnte mit dem Argument, dass Österreich hier päpstlicher sei als der Papst, sprich die EU, sei, so manche Schutzbestimmung aus den Angeln gehoben werden.

Aus für Jugendvertrauensräte

Ein konkretes Vorhabe ist bereits im Regierungsübereinkommen verankert: Die Abschaffung der Jugendvertrauensräte in den Betrieben. Hebenstreit ist empört: "Einerseits reden sie der direkten Demokratie das Wort, andererseits wird die Arbeitnehmermitbestimmung ausgehöhlt." Dahinter könne er nur die Idee orten, den Gewerkschaften und Betriebsräten den Nachwuchs zu kappen. "Das ist ein systemrelevantes Ziel."

Vermerkt ist das im Regierungsprogramm auf Seite 103: "Das aktive Wahlalter bei Betriebsratswahlen wird von 18 auf 16 Jahre gesenkt (Harmonisierung mit "Wählen ab 16") und ersetzt den Jugendvertrauensrat.

Hebenstreit weiter: "Bei all dem, was man an der Sozialpartnerschaft vielleicht auch kritisieren kann: Sie hat für stabile Verhältnisse gesorgt, eine Streitkultur geschaffen, die zu Lösungen führt. Es wäre eine Katastrophe für den Standort Österreich, hieße das neue Prinzip: Aug um Auge, Zahn um Zahn."

Genau hinschauen müsse man zum Beispiel auch auf die Regelungen für Arbeitsunfälle, die es zu erhalten gelte. Was den Stil insgesamt betrifft, befürchtet Hebenstreit, dass die neue Regierung bewusst provozieren wolle, die Menschen verunsichern, ihnen den Boden unter den Füßen wegreißen. "Um dann gnädig darüber zu befinden, was man ihnen zurück gibt."

Wobei der Eisenbahner-Gewerkschafter in seiner ureigensten Domäne auch einen beachtlichen Widerspruch ortete: "Einerseits will die Wirtschaft Fleißaufgaben verhindern, wo es um den Arbeitnehmerschutz geht. Andererseits will sie zum Beispiel erreichen, dass Projekte im schienengebundenen Verkehr ausgeschrieben werden, die gar nicht auszuschreiben sind. Da können durch die Direktvergabe derzeit österreichische Unternehmen bevorzugt werden. Künftig ginge das nicht mehr."

Verbraucherschutz nicht aushebeln

Der Betriebsrat des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) hat vor der Wahl von den Parteien ihre Position zum Thema "Golden Plating" in Zusammenhang mit Verbraucherschutz erfragt. Die ÖVP hat nicht geantwortet. Die FPÖ bekannte sich dazu, dass  Österreich bessere Schutzbestimmungen hat. "Es soll damit verhindert werden, dass Lobbyinginteressen, die über die EU Einfluss nehmen, siehe CETA und TTIP, den Konsumentenrechte aushebeln."