Zwei Stunden hat am Dienstagabend das erste Kandidaten-Hearing für den künftigen Vorsitz der Wiener SPÖ gedauert. Danach gaben sich die Bewerber, Wohnbaustadtrat Michael Ludwig und der geschäftsführende Parlamentsklubchef Andreas Schieder, geradezu amikal. Große inhaltliche Unterschiede dürften die knapp 300 Delegierten tatsächlich nicht zu hören bekommen haben.

Einig waren sich die Kontrahenten, die um die Nachfolge von Bürgermeister Michael Häupl rittern, auch in der Beurteilung der Fragerunde. Ludwig lobte das "sehr offene Gespräch" und die "gute Diskussion", in der es fast keinen Themenbereich gegeben habe, "den wir nicht gestreift haben". In einzelnen Sachbereichen gebe es "geringfügige Unterschiede", so der Chef des Wohnbauressorts im Gespräch mit Journalisten.

Ludwig stellte - mit Verweis auf seine "Vertragstreue" - auch die Wiener Koalition mit den Grünen nicht infrage, wiewohl er doch für eine stärkere sozialdemokratische Handschrift plädierte. Eine Koalition mit der FPÖ schloss er aus - "auch nach der Wien-Wahl 2020".

Beide Kandidaten betonten nach dem Hearing, das hinter verschlossenen Türen stattfand und den Delegierten eine Entscheidungshilfe für den Wahlparteitag am 27. Jänner sein sollte, Wien als starken Gegenpol gegen Schwarz-Blau positionieren zu wollen.

Schieder zeigte sich begeistert vom roten Diskussionsformat: "Ich habe gelernt, wie viel Zukunftsideen in unserer Partei vorhanden sind." Es sei kein Streitgespräch gewesen, Inhalte seien im Vordergrund gestanden. Der derzeitige geschäftsführende Klubchef der Bundes-SPÖ gab sich auch kämpferisch, was seine Wahlerfolge in Wien anbelangt. Die Wiener SPÖ müsse wieder in Richtung absolute Mehrheit kommen. Potenzial sieht Schieder in früheren Grünwählern, Nichtwählern und FPÖ-Wählern, die wegen der ersten Maßnahmen von Schwarz-Blau schon sauer auf die Freiheitlichen sind: "Am Stammtisch ist noch nie soviel über den Herrn Strache geschimpft worden."

Die Duellanten zeigten sich - neben ihrer jeweiligen Siegesgewissheit - unisono davon überzeugt, die Partei wieder einen zu können. Nach dem 27. Jänner werde man, egal wer gewinnt, wieder an einem Strang ziehen, so der Tenor. Wie zum Beweis präsentierten sich die Kandidaten vor Journalisten betont freundschaftlich, posierten bereitwillig für gemeinsame Fotos und scherzten miteinander.

Tatsächlich dürfte das Hearing wenig angriffig und in Sachen inhaltlicher Positionierung recht einhellig verlaufen sein, wie sowohl Unterstützer von Ludwig (wie der Simmeringer SPÖ-Chef Harald Troch) als auch von Schieder (wie der frühere Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler) bestätigten. Verfolgt hatte die Debatte auch Umweltstadträtin Ulli Sima, die sich bisher als eine der wenigen Spitzenvertreter der Wiener SPÖ nicht für einen Kandidaten deklariert hatte. Dabei beließ sie es auch heute: Fragen von Journalisten wollte sie nicht beantworten.

Zum Hearing waren knapp 300 Delegierte in das Odeon-Theater gekommen, womit der Saal fast gänzlich besetzt war. Wer es diesmal nicht geschafft hat, bekommt am Samstag eine zweite Chance. Dann steht am Vormittag eine Runde am Kalender, in der Ludwig und Schieder zuvor per Mail eingeschickte Fragen beantworten müssen. Insgesamt 981 SPÖ-Delegierte entscheiden am 27. Jänner bei einem außerordentlichen Landesparteitag, ob der Chef der Wiener Roten und damit auch der künftige Bürgermeister Andreas Schieder oder Michael Ludwig heißen wird.