Mit dem Eröffnungsplädoyer der Anklagevertreter wird seit 9.30 Uhr der Buwog-Prozess am Landesgericht Wien fortgesetzt. Der gestrige erste Tag im Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und 14 weitere Angeklagte war geprägt von einem Rundumschlag der Verteidiger. Befangenheitsanträge gegen Richterin Marion Hohenecker, ein Ausschließungsantrag gegen einen Aufdeckerjournalisten und Anträge gegen die Sitzordnung im Großen Schwurgerichtssaal des Straflandesgerichts Wien wurden von ihnen gestellt.

Und auch heute beginnt die Sitzung mit Klagen über die Sitzordnung und mit diversen Anträgen. Um halb 11 ist es dann endlich soweit: das Plädoyer des Staatsanwaltes. 370 Jahre müssten Herr und Frau Österreicher arbeiten, um die 10 Millionen Euro Höhe Provision zusammenzubringen, die die vier Hauptangeklagten eingestreift haben sollen.  Mit dieser Rechnung wird das Plädoyer begonnen. Das Thema des Plädoyers: „Geld, Gier, Geheimnisse“. Die Zeugen der Staatsanwaltschaft: „Indizien“. Die Angeklagten haben laut Staatsanwaltschaft „kassiert“. Den Schöffen wird erklärt, was in der Causa Buwog und Terminal Tower passiert ist. Grasser habe in beiden Fällen „an den wichtigen Rädchen gedreht“. Mit seinem Anteil an der Millionenprovision habe sich Grasser „ein 21-faches Minister-Jahresgehalt“ gegönnt. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Staatsanwaltschaft und Verteidiger liefern sich ein amüsantes Scharmützel: Grasser-Anwalt Ainedter fordert die Staatsanwaltschaft auf, die ihr Plädoyer mit einer PowerPoint Präsentation unterstützt, keine Beweismittel an die Wand zu werfen. Die Forderung wird abgewiesen, der Staatsanwalt macht weiter mit den Worten „Bei den Angeklagten - und offenbar auch bei der Verteidigung - macht sich Panik breit“.

Nach zwei Stunden und damit recht zügig ist das Plädoyer der Staatsanwaltschaft vorbei. Während die Privat-Beteiligten am Wort sind, wird es Richterin Hohenecker nach einem erneuten Zwischenruf von Ainedter zu bunt: „Aus, Schluss, alle beide!“

Nach einer Mittagspause geht es nun weiter - mit dem Plädoyer von Grasser-Anwalt Ainedter. Das Plädoyer der Staatsanwaltschaft sei „Aktenwidrigkeit, freie Erfindung, blühende Phantasie und reine Unterstellung". Ainedter bekräftigt: „Um Geld ging es Grasser nie.“ Um Macht, Glamour, ja, aber nie um Geld.

Die Sitzung wird besonders früh beendet, morgen geht es mit den Plädoyers der Verteidiger weiter.

In dem Mega-Korruptionsprozess steht der frühere Finanzminister der Bundesregierungen von Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) wegen Bestechungsverdachts vor Gericht. Grasser soll mit Hilfe von - nun mitangeklagten - Vertrauten (Walter Meischberger, Ernst Karl Plech und Peter Hochegger) ein Prozent des Kaufpreises bei der Privatisierung der Bundeswohnungen (Buwog), konkret 9,6 Mio. Euro, vom Bieter im Gegenzug für entscheidende Informationen gefordert haben. Auch bei der Einmietung des Finanzamts ins Linzer Bürohaus Terminal Tower sollen 200.000 Euro Provision für die Zustimmung des Ministers geflossen sein. Grasser weist alle Vorwürfe zurück.