Die Sondierungsgespräche über eine Jamaika-Koalition in Deutschland sind am Sonntag zum Teil wieder auf Ebene der Parteichefs und Verhandlungsführer geführt worden. Sie zogen sich am frühen Nachmittag zu Beratungen zurück.

Später wurde auch der geschäftsführende Finanzminister Peter Altmaier (CDU) hinzugerufen, wie es aus Verhandlungskreisen hieß. Auf Arbeitsebene soll es demnach auch Grundsatzeinigungen im Bereich Finanzen geben.

Bis zuletzt blieb offen, ob noch eine Einigung gelingt. Für Grünen-Politiker Jürgen Trittin ist offenbar nur noch wenig Spielraum übrig: "Wir haben uns an vielen Stellen bewegt, sind bis an die Schmerzgrenze gegangen", sagte Trittin der "Bild am Sonntag". "Das betrifft Verfahren, aber auch Fristen und die Nennung von Zahlen." Nicht verhandelbar für die Grünen ist laut Trittin der Familiennachzug für subsidiär geschützte Flüchtlinge.

Trittin hob hervor: "Wir werden nicht akzeptieren, dass Menschen, denen bereits ein niedrigerer Schutzstatus per Gesetz zugewiesen wurde, auch noch vom Familiennachzug ausgeschlossen werden. Das ist unmenschlich." Dass sich die Verhandlungen beim Thema Migration so verhärtet haben, liegt laut Trittin vor allem an der FDP, die auf der weiteren Aussetzung des Familiennachzugs bestehe: "Damit hat sie den Schulterschluss mit der CSU gesucht und so jede Bewegung für die Union schwer gemacht."

Auf ihrer Hauptforderung, den Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränkten Schutzstatus wieder zu gewähren, bestehen die Grünen allerdings. Und dies lehnt die Union ab. Die FDP will zu diesem Punkt am Sonntag ein "letztes Angebot" vorlegen.

Die Grünen hatten zuvor in der Flüchtlingspolitik ein Kompromissangebot gemacht. Demnach soll die von der Union geforderte Zahl von 200.000 als "atmender Rahmen" gelten. Die Partei verwies darauf, dass diese Zahl seit der Wiedervereinigung nur in fünf Jahren überschritten worden sei. Das Angebot gelte aber nur, wenn sich auch die CSU bewege.

CSU-Chef Horst Seehofer wollte sich am Sonntag vor Beginn der Sondierungsrunde nicht zu dem Grünen-Angebot äußern. "Wir verhandeln darüber nicht öffentlich", sagte er. Bei konkreter Betrachtung sähe manches oft "erheblich anders aus", vor allem bei den Grünen, fügte er hinzu.

Union, FDP und Grüne müssen bis heute Abend um 18 Uhr ein Ergebnis für ihre Koalitionsverhandlungen finden. Diese Frist haben sich die Verhandler selbst gesetzt. Nach Aussagen aus CDU und FDP soll diese Frist auch nicht mehr verlängert werden.  "Wir alle sind der Überzeugung, dass am Sonntag jetzt eine Entscheidung fallen muss. Es war jetzt genügend Zeit zum Sondieren", sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder gestern. Bundeskanzlerin Angela Merkel versuchte bis zuletzt, Optimismus zu verbreiten.

Im Endspurt der Koalitions-Sondierung hatten sich CDU, CSU, FDP und Grüne am Samstag Nachmittag eine Pause genommen, um intern zu beraten. Zuvor hatten sie über die besonders umstrittenen Themen Klimaschutz und Asyl gesprochen. Die Grünen beklagten Rückschritte bei den Gesprächen über den Klimaschutz. Dinge, die schon vereinbart und akkordiert worden seien, nämlich die Energiewende fortzuschreiben und einen relevanten Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele zu leisten, seien "teilweise wieder aufgemacht" worden, sagte Grünen-Chefin Simone Peter am Samstag am Rande der Sondierungen in Berlin. Bewegungen fänden bei den Gesprächen oft in verschiedene Richtungen statt.

Zu sprechen sei bis Sonntagabend noch über die Asylpolitik, Verkehr, Landwirtschaft, Rüstungsexporte sowie die Außen- und Sicherheitspolitik. Am Sonntag werde dann insgesamt zu bewerten sein, wie man ein Gesamtergebnis erzielen könne.