Friedlich, fast freundschaftlich war das, als Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und Heinz-Christian Strache (FPÖ) letzte Woche auf Puls 4 miteinander diskutierten. Im ORF-Duell Montagabend bei Moderatorin Claudia Reiterer legen beide einen Zahn zu. Stammklientel bedienen scheint die Devise. Inhaltlich zeigen sich diesmal wenig Gemeinsamkeiten.

Kern ist angriffig, warnt vor einer ÖVP-FPÖ-Koalition. Deren Wirtschaftsprogramme seien eine „gegenseitige Anbiederung“, Strache mache den „Steigbügelhalter für die Großspender der ÖVP“, es drohen Einschnitte im Pensionssystem. Strache wirkt locker, beklagt den „rot-schwarzen“ Filz, will die Pflichtmitgliedschaften in den Kammern abschaffen und macht die Regierung für „Lohn- und Sozialdumping“ verantwortlich. Kern sieht die Schuld dafür bei Ungarns Präsident Viktor Orbán. Mit dem wiederum will Strache stärker kooperieren. Er setzt auf die Visegrád-Gruppe (Ungarn, Polen, Tschechien, Slowakei), Kern hält es lieber mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.

Überraschend: Das Thema Migration ist nach wenigen Minuten erledigt, die Positionen bekannt. Auch der tägliche Silberstein ist bald erledigt. „Sie tragen für dieses Dirty Campaigning die Verantwortung“, sagt Strache. Kern: „Wir haben alles veröffentlicht und tragen zur Aufklärung bei.“
Ist Rot-Blau ein Thema nach der Wahl? „Wir haben heute bewiesen, dass uns Welten trennen“, sagt Kern. Straches Antwort: „Sie sind in Wahrheit bereits Geschichte.“ Der FPÖ-Chef schließt aber eine Koalition nicht aus.

DAS TV-DUELL ZUM NACHLESEN

21:03 Uhr - Wer will mit wem?

Vor Schwarz-Blau warnen und Rot-Blau für möglich halten? Für Kern ist das durchaus glaubwürdig. Die Wahrscheinlichkeit sei aber sehr gering, sagt der SPÖ-Chef: "Wir haben heute bewiesen, dass uns Welten trennen." Strache verweist auf Beispiele aus der Vergangenheit. "Vor der Wahl haben rot und schwarz gestritten, danach waren sie wieder zusammen." Der FPÖ-Chef hofft, dass man nach der Wahl nicht mehr an den Freiheitlichen vorbeikommt. Kern will das Wahlergebnis abwarten und Schwarz-Blau verhindern. "Sonst gibt es wieder Ambulanzgebühren und Pensionskürzungen." Strache kritisiert die Regierung.

20.51 Uhr - Äpfel und Birnen

Die Krise in Spanien, mit den Abspaltungsbestrebungen in Katalonien, bringt auch keine Einigkeit. Strache kritisiert die spanische Regierung, Kern befürchtet eine "Renationalisierung". Dann wandert man weiter nach Ungarn. "Orban erhält Milliarden aus Brüssel und senkt als erstes die Steuern für Unternehmen." Strache will hingegen eine stärkere Zusammenbarbeit mit den Visegrad-Staaten (Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn). Kern will gegen "Lohn- und Steuerdumping" vorgehen. "In Europa haben sich einige Staaten aus der Verantwortung genommen." Strache wirft er vor "Äpfel mit Birnen" zu vergleichen.

20.40 Uhr - SC Simmering in der Champions League

Bei der Frage nach Steuerentlastungen muss Strache im FPÖ-Wirtschaftsprogramm blättern. Konkrete Zahlen nennt er nicht. "Sie spielen Arbeiter und kleine und mittlere Unternehmen gegeneinander aus", wirft er Kern vor. Der SPÖ-Chef verteidigt die Kammer-Pflichtmitgliedschaften. "Wenn Sie ein Vertreter des kleinen Mannes sind, dann gewinnt mein SC Simmering die nächste Champions League." Strache betont, dass "hunderte Millionen Euro bei der Arbeiterkammer nicht für die Arbeitnehmer verwendet werden, tausende SPÖ-Funktionäre versorgt werden". Der FPÖ-Chef will eine freiwillige Mitgliedschaft.

20.32 Uhr - Arbeitsplätze und Hypo

Strache warnt vor Lohndumping und fordert eine sektorale Schließung des Arbeitsmarktes. Kern verweist auf europäische Verträge und Maßnahmen wie den Jobbonus. "Wir brauchen eine europäische Lösung. Herr Strache beklagt seine eigenen Fehler." Kern verweist auf die schwarz-blaue Regierung der Jahre 2000 bis 2006. Strache spricht von absurden Vorwürfen und prangert die Versäumnisse von SPÖ und ÖVP an. Kern dreht den Spieß um, kommt auf die Finanzkrise und das "Hypo-Milliardendebakel" zu sprechen.

20.25 Uhr - Großspender und Turbokapitalisten

Kern sieht eine "gegenseitige Anbiederung" von ÖVP und FPÖ. Die Wirtschaftsprogramme seien fast ident. "Herr Strache macht den Steigbügelhalter für die Großspender der ÖVP", kritisiert Kern. "Sie plakatieren: Holt euch, was euch zusteht. Wer hat es denn den Menschen in den letzten Jahrzehnten weggenommen", sagt Strache. "Sie haben das Ohr bei den Turbokapitalisten." Jetzt diskutieren die beiden über vermeintliche Firmenbeteiligungen Kerns in Israel und sich nicht einig.

20.19 Uhr - Immer wieder Silberstein

Erstes Thema Antisemitismus. Moderatorin Claudia Reiterer konfrontiert SPÖ-Chef Christian Kern mit den Facebook-Seiten gegen Sebastian Kurz. "Wir haben das nicht bestellt und das jetzt auch angezeigt", sagt Kern. "Sie schweigen und genießen?", lautet die Frage an FPÖ-Chef Heinz Christian Strache. "Nein", sagt Strache und legt dann los. "Die SPÖ trägt die Verantwortung. Das ist ein rot-schwarzes Sittenbild, das die Österreicher zurecht erregt." Kern betont, dass man alle Vereinbarungen mit Silberstein gekündigt habe. "Sie sollten in Ihrer eigenen Partei auch so genau sein."

Der Privatsender Puls 4 freut sich nach den letzten Wahlkonfrontationen über einen Zuseherrekord. Das Duell zwischen Kanzler und SPÖ-Chef Christian Kern und ÖVP-Obmann Sebastian Kurz verfolgten im Durchschnitt 622.800 Zuseher. In Spitzen sahen bis zu 748.000 Zuschauer die Debatte. Das Duell zwischen Kurz und FPÖ-Spitzenkandidat Heinz-Christian Strache erreichte bis zu 696.900 Zuseher, durchschnittlich schauten 586.700 Österreicher zu. Heute Abend geht es mit dem Duell Kern gegen Strache auf ORF2 weiter.