ÖVP-Spitzenkandidat Sebastian Kurz spricht sich für höhere Strafen bei Gewaltdelikten aus, insbesondere wenn es um Übergriffe gegen Frauen und Kinder geht. Kanzler und SPÖ-Spitzenkandidat Christian Kern mahnt Besonnenheit ein: "Auch wenn Wahlkampf ist, muss man genau überlegen, was das bedeutet, was damit gemeint ist, wer da betroffen sein soll. Dann muss man in Ruhe schauen, was der Vorschlag hergibt".

Schon bisher wurde öfter über die Anhebung des Strafrahmens für Gewalttaten diskutiert. Für Mord und Totschlag wurden die Strafen empfindlich erhöht. Bei anderen Delikten hat die SPÖ gebremst - unter anderem deshalb, weil es ihr immer auch darum ging, bei Ersttätern nicht über das Ziel hinauszuschießen und durch lange Gefängnisstrafen die Resozialisation unmöglich zu machen.

Im Exklusiv-Interview mit der Kleinen Zeitung erklärt Sebastian Kurz, warum er jetzt einen neuen Anlauf übernimmt:

Mit der Strafrechtreform per 1. Jänner 2016 wurden der Strafrahmen von bis zu zehn Jahren Haft für Vermögensdelikte wie schweren Diebstahl, schweren Betrug, Veruntreuung oder Untreue für eine Schadenshöhe unter 300.000 Euro nach unten gesenkt. Warum wurden mit der ÖVP und Justizminister Wolfgang Brandstetter damals nicht schon die Strafen für Gewaltdelikte erhöht?

KURZ: Es gab eine Veränderung bei Tötungsdelikten.

Ja. Für eine Misshandlung, die fahrlässig den Tod des Verletzten herbeiführt, sind jetzt bis zu zehn Jahre Haft vorgesehen. Bei einer absichtlichen schweren Körperverletzung mit Todesfolge ist eine Mindeststrafe von fünf eine Höchstrafe von 15 Jahren statt zuvor zehn möglich. Bei einer grob fahrlässigen Tötung sind drei bis fünf Jahre Haft möglich. Aber da hätte man doch auch schon die Strafen für Gewalt gegen Kinder und bei Sexualdelikten hinaufsetzen können, wie Sie es jetzt fordern?

KURZ: Da war ich nicht der Chef und mehr war wohl für den Justizminister mit dem Koalitionspartner nicht durchsetzbar. Die Richtung war aber schon einmal eine richtige. Ich habe Interesse, dass sich etwas weiter in diese Richtung verändert, und ich glaube, dass es notwendig ist, nicht nur die Höchststrafen zu ändern sondern auch bei den Mindeststrafen anzusetzen. Das Problem, das wir derzeit haben ist, dass das Verhältnis zwischen Verbrechen gegen Leib und Leben und Vermögensdelikten nicht passt. Ich habe den Justizminister gebeten, mir Vorschläge zu machen.

Wie wollen Sie Gewalt gegen Frauen und Kinder unterscheiden von körperlicher Gewalt gegen andere?

KURZ: Bei Kindern ist es leicht möglich, weil Kinder besonders schutzbedürftig sind und unser Strafrecht jetzt schon Abstufungen zulässt. Was  Vergewaltigungen und anderes betrifft, so muss man klar sagen, dass die Strafen oft nicht den Unrechtsgehalt der Tat widerspiegeln. Ich halte es für sinnvoll, da eine Veränderung zu ermöglichen. Das ist keine Kritik an der Justiz, die arbeitet mit der jeweils geltenden Gesetzeslage. Sondern es ist Aufgabe des Gesetzgebers, das zu verändern.

Warum haben Sie das nicht schon bisher getan?

KURZ: Ich bin seit zwei Monaten Chef der Volkspartei und war bis vor den Wahlen als Außen-, Integrations- und Europaminister nicht zuständig. Wenn Sie mich fragen, warum ich das jetzt fordere: Weil ich jetzt der Chef bin und auch in diesen Fragen die Möglichkeit habe, etwas zu bewegen. Ich empfinde das schon lange als ungerecht.

Hat dann bisher der Justizminister versagt?

KURZ: Ganz im Gegenteil, er hat ja etwas bewegt, das Maximum durchgesetzt.  Mehr war eben mit dem Koalitionspartner nicht möglich.

Wie hoch sollen die Strafe künftig sein? Was soll sich an den Tatbeständen ändern?

KURZ: Ich habe den Justizminister gebeten, mir Vorschläge vorzulegen.

Interview: Claudia Gigler