Neuerlich stellte sich Bundeskanzler Christian Kern einer Debatte in der ORF-Sendung im Klartext. Zuletzt traf er auf FPÖ-Chef Heinz Christian Strache,  Mittwoch abends kreuzte er mit Georg Kapsch, Chef der Industriellenvereinigung, die Klingen.

Der Neuigkeitswert der über weite Strecken hochsachlichen Debatte hielt sich in Grenzen. Der Kanzler verteidigte einmal mehr seine Politik, durch Investitionen Wachstum und Beschäftigung zu schaffen. "Der Markt regelt nicht alles. Wir brauchen die gestaltende Hand der Politik." In der Frage der Arbeitszeitflexibilsierung strebt Kern ein Modell der Wahlarbeitszeit an. In der Steuerfrage forderte er - einmal mehr - eine Debatte über die Leistungen: "In Österreich werden wir bald ein zweites Gratiskindergartenjahr einführen. Wenn sie in London leben, zahlen sie 2000 bis 3000 Pfund dafür." Mit den Ländern werden man in zehn Tagen über eine neue Kompetenzverteilung reden.

In einem Punkt erntete er - für manche überraschend - bei seinem Gegenüber Zustimmung. Als Kapsch von Moderator Klaus Webhofer auf die Forderung der SPÖ nach einem Mindestlohn angesprochen wurde, meinte der Industriellenchef: "Uns tut das in keiner Weise weh. Wir zahlen ohnehin mehr."

Leicht genervt reagierte Kern lediglich, als er wiederholt auf seine Rolle als Pizzabote angesprochen wurde bzw. auf jüngste Meldungen einer Boulevardzeitung, ein SPÖ-Abgeordneter würde in der Ceta-Frage gegen die Parteilinie stimmen. In dem Kontext übte er Kritik an der Kurzatmigkeit mancher Medien: "Jeden Tag wird eine neue Sau durchs Dorf getrieben."  Auch die Politik bekam ihr Fett ab: "In einem Konzern fixiert man eine Strategie, definiert Ziele und setzt sie Schritt für Schritt um. In der Politik glauben manche: Wenn es heute in der ZiB ist oder am nächsten Tag in der Krone, ist der Job erledigt."