Die Wahl des französischen Präsidenten gilt als Schicksalswahl für Europa. Doch welchen Kurs das Land in den kommenden fünf Jahren fährt, hängt auch von der Parlamentswahl am 11. und 18. Juni ab. Denn obwohl der französische Staatschef sehr viel Macht hat, schrumpft sein Einfluss ohne eine Parlamentsmehrheit deutlich zusammen.

Dann wäre er nämlich gezwungen, eine Regierung aus Politikern eines anderen politischen Lagers zu ernennen. Eine solche Zweiteilung der Exekutive wird als "Kohabitation" bezeichnet, der Premierminister wird dann deutlich wichtiger. Es könnte sogar eine Blockade des Landes drohen. Um das zu verhindern, wählt Frankreich Präsident und Parlament beide im Fünf-Jahres-Rhythmus und im Abstand von wenigen Wochen. Das erhöht die Chancen, dass ein neu gewählter Staatschef auch eine Mehrheit im Parlament bekommt.

Doch diesmal ist alles etwas anders. Konkretes Beispiel: Der Sozialliberale Emmanuel Macron tritt unabhängig von den traditionellen Parteien an. Ob die Parlamentskandidaten seiner erst vor gut einem Jahr gegründeten Bewegung "En Marche!" selbst nach einem Erfolg Macrons genug Wahlkreise gewinnen können, ist fraglich. Auch im Fall eines Siegs der EU-Feindin Le Pen erscheint eine Parlamentsmehrheit für ihren Front National eher unwahrscheinlich.

Das französische Wahlrecht macht den Ausgang schwer kalkulierbar: Da alle 577 Abgeordneten direkt gewählt werden, zählen nur die Kräfteverhältnisse in den einzelnen Wahlkreisen. Meist entscheiden Stichwahlen - und da kommt es dann auf die Konstellationen und mögliche Bündnisse vor Ort an.