Vieles ist neu für die FPÖ: Erstmals soll es keinen "blauen Montag" geben, also keinen politikfreien Tag nach der Wahl. Das kündigten die Freiheitlichen schon vor dieser Wahl an. 

Und erstmals ist nach der Wahl nicht vor der Wahl, was einen Spitzenkandidaten betrifft, der erhebliche Stimmengewinne erzielte. Normalerweise wäre er der logische Kandidat für den Einzug in die niederösterreichische Landesregierung, doch diesmal ist alles anders: Udo Landbauer hat sich durch die Liedtext-Affäre so dermaßen ins Out befördert, dass die Partei aktiv darüber nachdenkt, einen Ersatzmann ins Rennen zu schicken.

Es gibt also intern erheblichen Gesprächsbedarf.

Parteichef Heinz-Christian Strache ist bis zum Tag der Wahl hinter seinem niederösterreichischen Statthalter gestanden. Nachdem die Affäre erst wenige Tage zuvor ausgebrochen war, hatte er keine Wahl.

Und ÖVP-Chefin Johanna Mikl-Leitner hatte zuletzt keine anderen Wahl, als Landbauer, der mit einem trotzigen "jetzt erst recht" für Empörung sorgte, als nicht partnertauglich zu klassifizieren, weil er "dem Land schadet". Was ihr möglicherweise auch noch ein paar Stimmen gebracht hat. Zumindest hat der ÖVP der Umstand, dass letztlich die Hälfte der FPÖ-Wähler zu Hause blieb, nicht geschadet.

Die FPÖ zieht kraft Proporzes mit einem Mann (bzw. einer Frau) in die Landesregierung ein. Und relevant für die Wahl der Person sind kraft Landesverfassung ausschließlich die Stimmen der FPÖ im Landtag. Udo Landbauer und seine FPÖ könnten sich also über Mikl-Leitner hinwegsetzen und auf ihm als Mitglied der Regierung beharren.

Drei Fragen an ÖVP und SPÖ

Die drei relevanten Fragen stellte Politologe Peter Filzmaier gestern abend bei der Diskussionsrunde "Im Zentrum" des ORF:

Wären ÖVP und SPÖ bereit, mit ihrer Zweidrittelmehrheit eine Verfassungsänderung zu beschließen, die den Proporz abschafft und die FPÖ damit um den Regierungssitz bringt?

Geben ÖVP und SPÖ dem ungeliebten Regierungsmitglied ansonsten ein "Miniressort" oder wären sie gar bereit, eine Verfassungsänderung zu beschließen, die nach dem Wiener Modell ein Regierungsmandat ohne Portfeuille erlaubt, also ohne Zuständigkeit? Mit dem unangenehmen Nebeneffekt, dass ein teuer bezahlter Politiker spazieren geht?

Und was bedeutet die Festlegung der ÖVP für den Stadtsenat in Wiener Neustadt, dessen Mitglied Landbauer ist, unter einem ÖVP-Bürgermeister?

Die Generalsekretäre von ÖVP und FPÖ, Karl Nehammer und Harald Vilimsky, gingen darauf bewusst nicht ein. Aber ab heute muss über all das geredet werden.

Herausforderung für ÖVP und FPÖ

Was ÖVP und FPÖ eigentlich auf gar keinen Fall wollen, ist eine neue schwarz-rote Koalition im Lande. Mit der schwarz-roten Partnerschaft in der Steiermark lebt man weiter, wenngleich den Türkisen auch hier immer wieder Neuwahlgelüste nachgesagt werden. Aber in Niederösterreich hätte man wahnsinnig gern die schwarz-blaue Achse zusätzlich verankert. Zumindest in Form eines die SPÖ erdrückenden allgemeinen "Miteinander", wie es die Landeshauptfrau propagiert.

Was also tun?

Die Äußerungen von Vilimsky, aber auch vom niederösterreichischen Landesparteiobmann Walter Rosenkranz lassen erkennen, dass man nach einem Ausweg sucht. Möglicherweise ist Rosenkranz selbst der Ausweg - und das, nachdem ihm im Herbst von Strache kurzerhand Landbauer als Spitzenkandidat vor die Nase gesetzt wurde. Vielleicht auch gerade deswegen.

Klubobmann Gottfried Waldhäusl, der ebenfalls in Frage käme, hat jedenfalls schon abgewunken. "Ich werde es nicht sein." Er wolle Klubobmann bleiben.

Blaues Auge für die FPÖ?

Die dritte Frage Filzmeiers tut der FPÖ vermutlich am meisten weh: Welche Erklärung kann es dafür geben, dass die ÖVP Udo Landbauer im Land verhindert, aber als Stadtrat von Wiener Neustadt weiter duldet?

Mag sein, dass der blaue Montag diesmal eine andere Bedeutung für die Blauen bekommt, weil sie sich in ihren Beratungen womöglich dazu durchringen müssen, sich selbst ein blaues Auge zu verpassen.