Ausgerechnet zum Tag der Arbeit unterbreiten Kanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Heinz-Christian Strache einen türkis-blauen Gegenentwurf zur klassischen, roten 1-Mai-Programmatik. Die Maßnahmen in dem „Sieben-Punkte Plan zur Vollbeschäftigung“, der der Kleinen Zeitung vorliegt, sind weitgehend bekannt, weil Teil des Koalitionsabkommens und bereits vielfach diskutiert. Die ideologische Stoßrichtung ist eindeutig und aus linker Sicht eine einzige Provokation: Die Regierung meint, nicht durch milliardenschwere Job-Programme, sondern durch ein Bündel an Reform-, Investitions-, Qualifizierungsmaßnahmen Österreich wieder zurück auf den Weg zur Vollbeschäftigung zu führen.

Kurz bricht in einer speziellen Frage auch mit Michael Spindelegger, seinem Vorvorgänger als ÖVP-Chef: Vom Versprechen, in fünf oder zehn Jahren soundsoviele Jobs schaffen zu wollen, rückt man ab. „Es sind die mutigen Unternehmen und die fleißigen Mitarbeiter und nicht die Politik, die Jobs sichern und neue schaffen“, so Kurz. "Es ist unser Anspruch, die besten Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. Wir beheben Schwächen im System und bauen unsere Stärken aus. Vollbeschäftigung ist immer noch das Fundament für das beste Sozialsystem.“

"Durchschummlern" soll es an den Kragen gehen

In einem sensiblen Punkt, beim Vermögenszugriff bei älteren Arbeitslose, schafft die Regierung Klarheit. Zwar hält man an der Reform des Arbeitslosengelds fest, das je nach Einzahlungsdauer künftig länger, aber degressiv ausgezahlt werden soll. Nach einer gewissen Zeit fällt der Betroffene in die Mindestsicherung. Die Befürchtung, dass bei älteren Langzeitarbeitslosen, die trotz größter Bemühungen keinen Job finden, auf das Vermögen zugegriffen wird, ist vom Tisch. „Wir wollen nicht, dass jemand, der 30 Jahre lang hart gearbeitet hat und unverschuldet arbeitslos wird, fürchten muss, dass der Staat ins Grundbuch geht“, so ein Insider. Bis Jahresende will man das Modell ausarbeiten. „Durchschummlern“ soll es allerdings an den Kragen gehen. Im Jänner hatte das Thema die Koalitionspartner im Umfeld der Seggauer Regierungsklausur noch entzweit, Sozialministerin Beate Hartinger hatte sich stets gegen einen Vermögenszugriff ausgesprochen, die ÖVP lenkte bald ein.

Der Sieben-Punkte-Plan sieht weitgehend bekannte Maßnahmen zur Attraktivierung des Standorts (Gold-Plating, Deregulierung, Steuerentlastung, Risikokapital), Strategien für Zukunftssektoren (Technologie, Gesundheit, Start-up), die Forcierung des Exports, Investitionen in Bildung (Uni-Finanzierung, Duale Ausbildung. Deutsch vor Schuleintritt) oder  die schnellere Vermittlung von Arbeitslosen (100.000 sind Nichtösterreicher, davon 60.000 aus Drittstaaten) vor. „Wir haben das Wohl der österreichischen Bevölkerung im Auge. Wir ermöglichen den Arbeitnehmern eine sichere Zukunft, ohne sie gegen die Arbeitgeber auszuspielen“, so Strache zum Konzept.