Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Mittwoch eine Initiative von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache aufgenommen und will nun ein Kopftuchverbot an Kindergärten und Volksschulen umsetzen. Kurz will konkret ein Kinderschutzgesetz, das von Bildungsminister Heinz Faßmann, Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß (beide ÖVP) und Integrationsministerin Karin Kneissl (FPÖ) ausgearbeitet werden soll. Die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ) wehrte sich gegen das Vorhaben. "Durchaus etwas anfangen" kann hingegen der Vorsitzende der Pflichtschullehrer-Gewerkschaft, Paul Kimberger, mit einem Kopftuchverbot: "Im Sinne der Kinder und der Liberalität können wir in den Schulen - und zwar bei Lehrerinnen und bei Schülerinnen - gern auf das Kopftuch verzichten." Wiens Integrations- und Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) hält wiederum nichts von einer solchen "symbolischen Einzelmaßnahme".

Teile davon werden nur mit Zwei-Drittel-Mehrheit umsetzbar sein, womit die Regierung Unterstützung von SPÖ oder NEOS benötigt. Beide Parteien zeigten sich am Mittwoch grundsätzlich gesprächsbereit, fordern aber eine breiter aufgestellte Debatte über Integration. Außerdem plädieren die NEOS zu Vorsicht bei Kleidungsvorschriften. 

Der Kanzler begründet sein Vorhaben damit, dass man jeder Entwicklung von Parallel-Gesellschaften entgegenwirken wolle. Alle Mädchen sollten die gleichen Entwicklungschancen haben. Gefragt zu konkreten Zahlen von verschleierten Mädchen sagte der Kanzler, diese Zahlen seien schwer zu erheben. Kopftücher in Kindergärten und Schulen seien aber, zumal in Wien, ein "zunehmendes Phänomen".

Der mit dem Vorhaben betraute Bildungsminister Faßmann will für das Vorhaben auch ein Rechtsgutachten einholen. Es gehe darum zu signalisieren, dass Österreich ein säkulärer Statt sei, begründetet der Bildungsminister den Vorstoß der Regierung zu einem Kopftuchverbot für Kinder. Man werde bei der Erarbeitung des Gesetzes auch die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich einbinden. Laut Theologen sei ein Kopftuch erst ab der Pubertät notwendig, argumentiert Faßmann.

Regierung plant Kopftuchverbot in Kindergärten und Volksschulen

"Das ist keine Religionsdebatte", präzisierte Vizekanzler Strache. Sondern es gehe um Integration. Es sei wichtig, dem politischen Islam etwas entgegenzusetzen. Es werde damit auch ein Wahlversprechen umgesetzt.

Opposition könnte mitgehen

SPÖ-Chef Christian Kern kann sich die Unterstützung des Vorhabens vorstellen. "Die SPÖ lehnt es ab, wenn Mädchen im Kindergarten und der Volksschule Kopftuch tragen", sagt er. Einzelmaßnahmen seien aber nicht genug, weshalb Kern ein umfassendes "Integrationspaket" vorschlägt. Außerdem will die SPÖ ein zweites Gratiskindergartenjahr und einen Ausbau der Ganztagsschulen mit kostenlosem Essen und Freizeitangebot bis 2025. 

Etwas skeptischer reagiert NEOS-Chef Matthias Strolz: "Mit Bekleidungsvorschriften und -verboten müssen wir in einer liberalen Demokratie immer vorsichtig sein." Den Entwurf der Regierung will er sich dennoch "anschauen". Weder dürfe es den Zwang zum Kopftuch, noch Mobbing gegen Kopftuchträgerinnen geben, so Strolz. Von der Islamischen Glaubensgemeinschaft fordert er ein "entschlossenes Auftreten" für einen "Islam europäischer Prägung".

Polemik um "Kürzungen"

Wie Kern kritisiert auch Strolz die von der Regierung geplanten Kürzungen bei Integrationsmaßnahmen: "Die Bundesregierung darf sich nicht hinter populistischen Zügen verstecken, während sie echte Integrationsarbeit durch Mittelkürzungen erschwert." Diesem Vorwurf angeblicher Kürzungen wiederum begegnet Kanzler Kurz mit dem Hinweis, es werde gar nicht gekürzt, sondern umgeschichtet. Es gebe nun andere Integrationsmaßnahmen, etwa Deutsch vor Schuleintritt.