Es sollte der große umweltpolitische Wurf werden, auf den seit Jahren gewartet wird. Nachdem sich die rot-schwarze Vorgängerkoalition nicht auf eine gemeinsame Klima- und Energiestrategie einigen konnte, wurde das Papier unter dem Titel "#mission2030" heute offiziell präsentiert. Was Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) und Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ) am Vormittag in den Räumlichkeiten der der Wirtschaftsuniversität Wien auf den Tisch legten, soll nichts weniger sein, als der umweltpolitische Fahrplan der Republik für die kommenden Jahrzehnte bis zur Mitte des Jahrhunderts. So zumindest wurde das Papier seit Jahren angekündigt.

Hier geht's zur Klima-Strategie.

Hoch gesteckt waren die Erwartungen. Umweltorganisationen wie Greenpeace und Global 2000 pochen auf verbindliche CO2-Reduktionsziele für alle Sektoren mit klaren Zeitplänen und Sanktionsmechanismen. Auch die Finanzierung der geplanten Maßnahmen müsse geklärt sein. Denn die Zeit drängt: Immer deutlicher zeichnet sich ab, dass Österreich an den – an sich eher moderaten – Klimazielen für 2020 scheitern wird. Die Emissionen sind in den vergangenen Jahren erneut gestiegen, anstatt zu fallen. 

Vertraulicher Entwurf

Demgegenüber stehen die Verpflichtungen, die Ende 2015 in Paris unterzeichnet wurden und den CO2-Ausstoß bis 2050 auf fast Null absenken sollen. Ein hoch ambitioniertes Unterfangen, das laut allen einschlägigen Fachleuten nur mittels eines strategischen Maßnahmenpakets gelingen kann. Was vorab von der Klimastrategie bekannt wurde, erfüllt diese Forderungen kaum.

Zwar wird das Ziel der Dekarbonisierung bis 2050 neuerlich hervorgestrichen. Der Weg dorthin bleibt jedoch vage, die Strategien erschöpfen sich teils in Allgemeinplätzen. Konkrete Zahlen, wie viel bestimmte Maßnahmen kosten und wie viel sie bringen sollen, fehlen großteils. Das Papier wurde mehrfach überarbeitet. Heute wurden die Ergebnisse präsentiert, danach folgt bis zum Beschluss im Sommer ein öffentlicher Diskussionsprozess. Greenpeace kritisierte vorab bereits, es gebe keine zusätzlichen Mittel für Klimaschutz, bei Leuchtturm-Projekten seien Verantwortlichkeiten, Zeitpläne und Instrumente komplett eliminiert worden.

"Echte Wende": Regierung präsentierte Klimastrategie

Die Regierung glaubt weiter an die von ihr selbst ausgerufene "Energiewende".Die Kritik der Umweltorganisationen tat Köstinger als Teil von deren "Geschäftsmodell" ab. Die Ziele seien ambitioniert, aber nur umzusetzen, wenn jeder Österreicher dazu beitrage.

Hofer bekräftigte die Ziele von 100 Prozent erneuerbarem Strom bis 2030 und 100 Prozent in der Wärme bis 2050. Auch der Verkehr soll bis dahin CO2-neutral werden. "Das sind große Ziele, mit großen Auswirkungen auf die Gesetzgebung, da wird sich vieles verändern, und alle werden es spüren."

Folgende Maßnahmen kündigte Köstinger bei der Pressekonferenz an:

  • Thermische Sanierung: Die Sanierungsquote soll auf zwei Prozent erhöht werden (derzeit unter 1 Prozent)
  • 100.000-Dächer-Programm: Köstinger: "Jedes Haus soll sein eigenes Kraftwerk sein", die Streichung der Eigenstromsteuer gehört zum Programm.
  • Energiegesetz neu bis zum Jahr 2020
  • möglichst viele Fotovoltaik-Anlagen, etc. auch auf den 60.000 Bundesgebäuden
  • Ab 2020 keine Ölheizanlagen in Neubauten mehr, ab 2025 schrittweiser Ausstieg aus den bestehenden 700.000 Anlagen

Das Credo der Ministerin: "Keine neuen Belastungen, keine Verbote", und dennoch erheblich weniger CO2 ab dem Jahr 2030.

Hofer ergänzte um die Maßnahmen in Bezug auf Infrasruktur und Öffentlichen Verkehr: 13,9 Milliarden Euro würden in den kommenden Jahren in das Schienennetz investiert,  und 742 Millionen Euro pro Jahr in das Personenverkehrsangebot. Mit 1.724 gefahrenen Bahnkilometern pro Jahr und Person liege Österreich schon jetzt an der Spitze. Die Eckpunkte der geplanten Maßnahmen:

  • Infrastruktur ausbauen, auch für Radfahrer und Fußgänger
  • Öffentlichen Verkehr weiter ausbauen, in engem Kontakt mit Landeshauptleuten und Landeshauptstädten, wobei Hofer auch Förderungen des Bundes für den öffentlichen Nahverkehr andeutet (bisher sei praktisch nur die U-Bahn in Wien gefördert worden)
  • steuerliche Anreize für die Anschaffung effizienter und emissionsarmer Fahrzeuge
  • Evaluierung sämtlicher Förderungen in Hinblick auf die Klimaziele
  • Investitionen in Bewusstsein, Bildung und Forschung
  • alternative Technologien und Kraftstoffe fördern

Die Pläne gehen jetzt in die Begutachtung. Die endgültige Strategie soll im Juni vorliegen, bis dorthin sollen jetzt auch die Stakeholder eingebunden werden.