Bei der Burschenschaft Bruna Sudetia, die im Verdacht steht, ein Liederbuch mit antisemitischen Texten verwendet zu haben, sind bei der am Mittwoch erfolgten Hausdurchsuchung mehrere Kisten mit unbekanntem Material beschlagnahmen worden. Das sagte der Obmann der Verbindung, Herwig Götschober, am Donnerstagabend bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz in Wien.

Ob bei den beschlagnahmten Dingen strafrechtlich Relevantes dabei ist, konnte der von der Burschenschaft beauftragte Anwalt Werner Tomanek nicht einschätzen. Er betonte, dass der Besitz "von historisch bedenklichen Dingen" in Österreich nicht verboten sei.

"Der Inhalt ist mir nicht bekannt"

Götschober selbst sagte, auch er wisse nicht, was in den beschlagnahmten Kisten enthalten ist: "Der Inhalt dieses Materiales ist uns nicht bekannt." Es dürfte sich dabei um Kisten aus dem zweiten Untergeschoß der "Bude" - der Räumlichkeiten der Burschenschaft - handeln. Eventuell geht es dabei "um Nachlässe von vor Jahrzehnten verstorbenen Bundesbrüdern", meinte Götschober. Er wisse weder, was der Inhalt sei, noch, ob etwas strafrechtlich Relevantes dabei sei.

Gleichzeitig betonte Götschober, der sich von seiner Tätigkeit als Pressereferent im Kabinett von Verkehrsminister Norber Hofer (FPÖ) bis auf weiteres beurlauben hat lassen, die Verantwortung zu tragen. Die Burschenschaft lehne jegliches antisemitisches oder rassistisches Material "zutiefst ab". Dabei sei es "völlig egal", ob die Dinge strafrechtlich relevant sind oder nicht. Sollte solches Material gefunden werden, widerspräche das den Werten der Burschenschaft Bruna Sudetia, sowie der Burschenschaften allgemein, sagte er.

Aufarbeitung angekündigt

Grund für die von der Staatsanwaltschaft beauftragte Durchsuchung waren die Ermittlungen wegen des Verdachts der nationalsozialistischen Wiederbetätigung gemäß Verbotsgesetz. Die Staatsanwaltschaft hat von Amts wegen Erhebungen aufgenommen, nachdem die Wiener Wochenzeitung "Falter" am Dienstag vom Auftauchen eines weiteren Liederbuches mit antisemitischen Texten berichtet hatte, das der "Bruna Sudetia" zuzuordnen sein soll. Darin findet sich u.a. - wie schon im Liederbuch der "Germania" des niederösterreichischen FPÖ-Spitzenkandidaten Udo Landbauer - die Liedzeile "Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion: ,Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million" - eine Verhöhnung des Massenmords an den Juden in der NS-Zeit.

Götschober - der auch Bezirksrat der FPÖ im Wiener Bezirk Leopoldstadt ist - betonte am Donnerstagabend neuerlich, dass ihm dieses Liederbuch völlig unbekannt sei. "Ich kenne eine solche Version des Liederbuches nicht." Seine selbst beantragte Beurlaubung im Verkehrsressort will er bis zur völligen Aufklärung der Vorfälle aufrechterhalten. Dank sprach er der freiheitlichen Parteispitze für deren Unterstützung aus: "Ich möchte mich beim Vizekanzler (Heinz-Christian Strache, Anm.) für die Rückendeckung bedanken." Ob es tatsächlich zu den von der Burschenschaft in den Raum gestellten rechtlichen Schritten gegen die Wochenzeitung "Falter" kommt, wollte Götschober noch nicht beurteilten: "Ich weiß nicht, ob man etwas einklagen kann."

Anwalt vertrat bereits Holocaust-Leugner

Konsequenzen soll der Vorfall auf jeden Fall innerhalb der Burschenschaft haben: Man werde zwei Anwälte beauftragen, die Angelegenheit "intern aufzuarbeiten", sagte Götschober. "Ich möchte mich auch dafür entschuldigen, dass so etwas bis jetzt in der Art nicht erfolgt ist." Man müsse aber nun erst einmal abwarten, was die Behörden an Material mitgenommen haben. "Sollte darin etwas sein, das strafrechtlich relevant ist", so müsse das aufgearbeitet werden. Und in weiterer Folge will Götschober dafür sorgen, "dass es zu keinerlei zukünftigen antisemitischen, rassistischen oder ähnlichen Äußerungen kommt". Für derartiges gebe es bei der Bruna Sudetia - wie auch bei Burschenschaften generell - "null Toleranz".

Tomanek betonte am Donnerstagabend, die Ermittlungen würden sich auch jetzt gegen Unbekannt, nicht aber gegen eine natürliche Person richten. Darüber hinaus sagte der bekannte Strafverteidiger zu möglichen Funden in den Kisten: "Bücher, die niemand liest, halte ich nicht für gefährlich." Erfahrung mit Verfahren nach dem NS-Verbotsgesetz hat Tomanek jedenfalls, wie er selbst sagte. Unter anderem hat der Anwalt 2010 den Holocaust-Leugner Gerd Honsik vertreten.