In der Affäre um Udo Landbauer, den Spitzenkandidaten der FPÖ für die Landtagswahl in Niederösterreich, meldet sich nun die ins Zwielicht geratene Burschenschaft Germania zu Wort: Sie distanziere sich von jeder Verherrlichung der Verbrechen der NS-Diktatur. Die Texte im inkriminierten Germania-Liederbuch seien "menschenverachtend". Warum sie "überhaupt gedruckt beziehungsweise nicht restlos entfernt" wurden, will die Burschenschaft morgen, Donnerstag, in einer Versammlung klären.

"Wir lehnen jede Diskriminierung von Religionen zutiefst ab sowie jegliche Art von Antisemitismus. Wir distanzieren uns von den im 'Falter' zitierten Texten. Das besagte Liederbuch wurde vor 21 Jahren gedruckt", heißt es in einer Germania-Stellungnahme. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun gegen Unbekannt wegen Verstoßes gegen das Verbotsgesetz.

Wie der "Falter" berichtet hatte,  verlegt die Burschenschaft “Germania zu Wiener Neustadt”, deren stellvertretender Vorsitzender Landbauer ist, ein Liederbuch, in dem der Judenmord und das Naziregime verherrlicht werden. So heißt es in einem Lied wörtlich: “Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion: ,Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million'” sowie weiter “Da schritt in ihre Mitte ein schlitzäugiger Chines’: ,Auch wir sind Indogermanen und wollen zur Waffen-SS.'”

Wirbel um Nazi-Lied: Strache sieht keine Konsequenzen für Landbauer

Landbauers Sprecher bestätigt dem "Falter" , dass die Burschenschaft Germania dieses Liedbuch verwende. Landbauer ist seit etwa 18 Jahren Mitglied der Germania, kenne das Liederbuch aber laut seinem Sprecher “nur mit herausgerissenen Seiten und geschwärzten Stellen”.

In weiteren Liedern verherrlicht die Germania die „Legion Condor“, jene Wehrmachtsfliegertruppe, die in Hitlers Auftrag auf der Seite der spanischen Putschisten die Stadt Guernica zerstörte sowie die Wehrmachts-Fallschirmjäger, die 1941 griechische Insel Kreta angriffen und dabei zahlreiche Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung begingen.

Strache: "Widerliches Lied"

Unter Druck stellte Landbauer am Dienstagabend seine Mitgliedschaft bei der Germania "ruhend". Er sei "schockiert über jene Text- und Liedpassagen, welche heute zum Gegenstand politischer Diskussionen geworden sind". Auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache nahm inzwischen zur Affäre Stellung: Der Liedtext sei "von wem auch immer" erzeugt worden. Es handle sich um ein "wirklich widerliches und antisemitisches Lied", derartige Texte hätten in unserer Gesellschaft nichts verloren, betonte der FPÖ-Obmann.

Zum Zeitpunkt, als das Liederbuch erstellt wurde, sei Landbauer elf Jahre alt gewesen und erst später in die Verbindung eingetreten. Die betreffenden Seiten sollen 1997/98 aus dem Buch gerissen oder geschwärzt worden und nicht in Verwendung gewesen sein. "Er hat mir versichert, dass er die Texte nicht kannte", so Strache. "Burschenschaften haben nichts mit der FPÖ zu tun", meinte Strache weiters. Komme es zu derartigen Vorfällen, sei dies "schärfstens zu verurteilen". 

Kurz verurteilt Liedtexte als "widerwärtig"

Während FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky dem Falter fünf Tage vor der Wahl  "Inszenierung" vorwarf, verurteilte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) die Liedtexte der Buschenschaft. "Die publik gewordenen Liedtexte der Germania sind rassistisch, antisemitisch und absolut widerwärtig", erklärte Kurz, Koalitionspartner der FPÖ auf Bundesebene, auf Twitter. Dafür dürfe es in Österreich keinen Platz geben.

"Kein Ausreißer"

"Es braucht daher volle Aufklärung und die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden", forderte der Kanzler weiters. Der Verein SOS Mitmensch wiederum wies darauf hin, dass Landbauer über einen längeren Zeitraum ein Naheverhältnis zur antisemitischen Zeitschrift "Aula" pflegte. "Landbauer versucht die Öffentlichkeit jetzt an der Nase herumzuführen. Das brutal antisemitische Nazi-Liederbuch seiner Burschenschaft ist kein Ausreißer", urteilt SOS-Sprecher Alexander Pollak.

Auch SPÖ-Chef Christian Kern meldete sich auf Twitter zu der Causa zu Wort und kritisierte: "Während Landbauer/FPÖ im Verdacht der Verhetzung und Wiederbetätigung steht, teilt Strache (Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, Anm.) Landbauers Werbevideo auf FB." "Diesmal geht sich, 'da war ich ja noch gar nicht auf der Welt', nicht mehr aus", meinte Kern weiters.