Kanzler Sebastian Kurz ist nach seinem Antrittsbesuch bei der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble in Berlin auch in der ARD-Talksendung „Maischberger“ aufgetreten. In der einstündigen Sendung, in der Kurz rund 45 Minuten alleiniger Gast war und für die letzten Minuten der Sendung dann der Grünen-Politiker Jürgen Trittin als Diskussionspartner dazustieß, verteidigte der Kanzler erneut seine Koalition mit der FPÖ.

Die Vergleiche mit der AfD in Deutschland seien aber dennoch schwierig, weil die Parteien unterschiedlich seien, betonte Kurz. Die Freiheitlichen hätten bereits Regierungsverantwortung gezeigt, nicht zuletzt in zwei Bundesländern, davon einmal mit der SPÖ. „Dass eine Regierung mit der FPÖ kritisch beobachtet wird, ist mir bewusst“, sagte Kurz und spielte damit auf die Pressekonferenz mit Merkel am Mittag an, als die Kanzlerin erklärte, sie werde die Regierung an ihren Taten messen, aber auch „stärker beobachten, als es sonst üblich ist“.

Jamaika-Koalition war "interessant"

Moderatorin Sandra Maischberger fragte ihn gleich zu Beginn der Sendung, ob ihm Angela Merkel leid täte, weil sie ja bereits im September Wahlen gehabt habe und er schon im Oktober, allerdings er eine Regierung habe und sie nicht. Er habe eindeutigere Wahlergebnisse gehabt, deshalb sei es nicht verwunderlich, dass er schneller eine Einigung mit einer Partei gefunden habe. Er schloss dann aber ab: „Er mache sich keine Sorgen, weil es bis Ostern eine stabile Regierung gäbe.“ Einen Vergleich der Großen Koalitionen in beiden Ländern sei allerdings schwer. Angesprochen auf den Versuch der CDU und CSU mit Grünen und FDP zu einer Jamaika-Koalition nannte Kurz „interessant“.

Schnell wechselte Maischberger aber von der Tagespolitik zum Werdegang und der Herkunft. „Ich sehe mich nicht als konservativ, aber als christlich-sozial und liberal“, sagte Kurz zu seiner Prägung im Elternhaus.

In der Schnellfragerunde antwortet er auf Maischbergers Frage nach „Putin oder Trump?“: „Beide sind Staatspräsidenten großer Staaten. Da steckt wohl noch der Außenminister in mir.“ Um aber zu ergänzen: „Ich kenne Putin persönlich und weiß, dass er ein interessanter Gesprächspartner ist, auch wenn die Auffassungen unterschiedlich sind.“ Er kenne Trump noch nicht persönlich, könne sich aber vorstellen, dass auch er ein interessanter Gesprächspartner sein könne.

Über das Burka-Verbot gelangte Maischberger beim Migrationsthema und damit noch einmal auch bei der FPÖ. Ein Einspieler zeigte die Demonstration in Wien gegen die Regierungsbeteiligung der FPÖ und den Aufruf der Nazi-Jägerin Beate Klarsfeld, die Regierung in Wien zu boykottieren. Aus seiner Sicht, sei die Partei nicht rechtsextrem, sonst wäre er keine Regierung mit den Freiheitlichen eingegangen. Es sei richtig, Menschen eine Chance zu geben und sich von „Jugendsünden“ zu distanzieren. „Für mich ist der Blick nach vorne wichtig.“ Er betonte erneut, es habe noch kein Regierungsprogramm in Österreich gegeben, dass sich so klar zu Israel bekennt und gegen jeden Antisemitismus formuliert ist.

"Es gibt rote Linien  aber nicht nur rechts"

Erneut konfrontierte Maischberger mit rechtsextremen Beispielen. „Es gibt problematische Teile in der FPÖ aus der Vergangenheit“, sagte Kurz. Er messe Heinz-Christian Strache daran, wie er in der Partei damit umgeht. „Die Regierung werde nur solange arbeiten können, wie sich beide Partner an das Koalitionsprogramm halten“, betonte Kurz. Der Frage, ob er dann die Regierung platzen lassen würde, wich er aus. Er habe eine rote Linie, aber die sei nicht nur rechts zu ziehen. Strache habe ihm zugesagt, bei Verfehlungen zu reagieren. „Schau mer mal“, sagte Maischberger, die während der Sendung etwas in ihr bayerisches Idiom fiel. Sie stammt ursprünglich aus München.

Trittin stieß in die Runde, als er konkret um die FPÖ ging. „Es gibt einen Konsens in Deutschland, mit rechtsextremen Parteien nicht zu koalieren.“ Das sei der Unterschied zwischen Deutschland und Österreich. Allerdings räumte der ehemalige Bundesminister ein, dass sich AfD und FPÖ schon unterscheiden würden. Er erwähnte den Wahlkampfauftritt von Strache in Tirol. Kurz sagte, er habe den Filmbeitrag noch nicht gesehen, aber er sei auch nicht so fixiert auf die Inszenierung. Er fände „ein paar Trommler“ aber nicht so schlimm. Trittin warf ihm vor, mit der Einbindung der FPÖ, die extreme Rechte nicht zu zähmen, sondern eher zu befördern. In Deutschland habe man ja auch schon Erfahrungen mit der AfD in der praktischen Politik etwa in Sachsen-Anhalt.