Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat sich vor seinem Berlin-Besuch skeptisch zu Vorschlägen geäußert, in der Eurozone ein gemeinsames Budget einzurichten, wie dies in Deutschland diskutiert wird. Kurz sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Mittwochausgabe): "Bei gewissen Überlegungen, was die Eurozone betrifft, also etwa ein mögliches Eurozonen-Budget, bin ich deutlich skeptischer."

Der Regierungschef wandte sich damit gegen Positionen, die im Sondierungspapier der deutschen Großparteien Union und SPD für eine mögliche Koalition festgehalten wurden. Union und SPD hatten darin bestimmte Haushaltsmittel befürwortet, die Ausgangspunkt für einen künftigen Investivhaushalt für die Eurozone sein könnten. Prinzipiell teile er aber die Ziele eines "transparenteren, wettbewerbsfähigeren und subsidiär organisierten Europas", so Kurz zur "FAZ".

Anders als Unionsparteien und SPD in Deutschland ist der 31-jährige Regierungschef auch nicht von vornherein bereit, höhere Finanzzusagen für die EU für die Zeit nach dem Ausscheiden Großbritanniens zu machen. Er habe den Anspruch, sagte er der FAZ weiter, "dass es in den Verhandlungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen nach 2020 zu keiner einseitigen Mehrbelastung für die Nettozahler wie Österreich kommt. Vielmehr muss die EU sparsamer und effizienter werden."

Kurz macht an diesem Mittwoch seinen Antrittsbesuch in Berlin, in dessen Rahmen er neben seiner Amtskollegin Angela Merkel und Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, die beide der konservativ-wirtschaftsliberalen CDU angehören, auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier treffen wird, der aus dem Lager der Sozialdemokraten (SPD) stammt. Deutschland sei "unser wichtigster Nachbar und Partner", betonte er im Vorfeld des Besuchs. Seine ersten Reisen als Bundeskanzler hatten ihn nach Brüssel und Paris geführt. Kurz sagte: "Ich finde es gut, dass Frankreich einen proeuropäischen Präsidenten mit dem starken Willen zur Veränderung in der EU hat. Wir haben ähnliche Vorstellungen, was die Sicherheits- und Migrationspolitik betrifft."

Kurz pochte indes auf mehr Konsequenz in der europäischen Fiskal- und Währungspolitik. "Wir hören aber jetzt immer wieder die Frage: Welche Medizin verabreichen wir dem Kranken? Es gibt zu wenig Fokus auf die Prävention", sagte der österreichische Bundeskanzler. "Wir müssen alles tun, um ein zweites Griechenland zu verhindern. Ganz wichtig ist es, Regeln einzuhalten und keine Ausnahmen zuzulassen."

Einen europäischen Finanzminister zu installieren, ist aus Sicht des ÖVP-Politikers nicht notwendig. "Einer Weiterentwicklung des Europäischen Stabilitätsmechanismus zu einem Europäischen Währungsfonds stehen wir grundsätzlich offen gegenüber. Der dazu vorliegende Vorschlag der EU-Kommission überzeugt uns hingegen nicht."