Wenn Sie an Ihre Schulzeit zurückdenken, was überwiegt: positive oder negative Erinnerungen?

HEINZ FASSMANN: Die Schulzeit liegt schon lang zurück. Die Zeit heilt alle Wunden (lacht). Aber unterm Strich eine großartige Zeit, keine Probleme. Schule war für mich ein Erlebnis und hat sicher so etwas wie ein intellektuelles Tor geöffnet.

Wo ordnen Sie sich selbst ideologisch ein?

In eine Weder-noch-Position, also weder links noch rechts. Ich bin da sehr pragmatisch und zielorientiert. Ich habe keine persönliche Mission, die unbedingt realisiert werden muss.

Wird es ab Herbst wieder an allen Volksschulen Ziffernnoten geben?

Das ist möglicherweise eine auffällige Veränderung, aber keine wirklich signifikante. Denn auch in einer verbalen Beurteilung gibt es Schlüsselwörter, und jeder weiß, dass diese etwas bedeuten. Wenn es geht, dann ab Herbst. Das muss noch beratschlagt werden.

Es soll eine leistungsbezogene Entlohnung für Lehrer kommen, außerdem sollen künftig Bildungsstandards- und Maturaergebnisse veröffentlicht werden. Ist das schon mit der Gewerkschaft abgesprochen?

Sie holen jetzt aus einer Summe von mehr als 130 Maßnahmen einige heraus. Es ist ganz klar, es gibt Dinge, die realisierbar sind, auch Dinge, die abgesprochen werden müssen. Die von Ihnen genannten Dinge sind nicht trivial: Leistungsmessung von Lehrern und Lehrerinnen ist nicht etwas, das auf der Hand liegt. Darüber wird man sprechen müssen. Aber das gehört nicht zu jenen Maßnahmen, die übermorgen realisiert sein müssen. Für mich ist das keine Fahnenfrage.

Wird es ein Zurück zur Hauptschule geben? Es sollen ja Leistungsgruppen in den Neuen Mittelschulen wieder eingeführt werden.

Es gibt hier gegensätzliche Meinungen. Ich muss mir erst ein Bild machen, welcher Standpunkt zielführend ist im Sinne der Schüler.

Das wollen Sie bald angehen?

Die Frage der Neuen Mittelschule ist eine wichtige, auch die der Ressourcen - wohin fließen diese und wo werden sie auch eingesetzt, sprich: Dienstposten und Verwendungen.

Das heißt, dass zum Beispiel Brennpunktschulen mehr bekommen?

Es ist eine wichtige Angelegenheit, dass man dort, wo herausfordernde Situationen sind - wegen der Zusammensetzung der Schüler oder des Migrationshintergrundes -, mehr Ressourcen hineingibt. Auch um zu verhindern, dass Eltern ihre eigenen Kinder herausnehmen, wenn sie sagen: Das ist ja eine „Ausländerschule“.

Kinder, die die deutsche Sprache noch nicht beherrschen, sollen in Deutschklassen unterrichtet werden. Besteht hier nicht die Gefahr einer Art Ghettoisierung?

Die Zielrichtung lautet schlichtweg: Wir können Kinder nur dann ins System geben, wenn sie auch einigermaßen der Unterrichtssprache folgen können. Dafür soll es einerseits das zweite Kindergartenjahr mit einer gezielten Sprachförderung geben. Bei Quereinsteigern hingegen hoffte man bisher, dass diese irgendwie die Kompetenz der Unterrichtssprache durch das Sprechen lernen. Das ist nicht unbedingt der effektivste Weg. Da wollen wir eigene Deutschklassen schaffen.

Werden das eigene Klassenverbände sein?

Nein. Vorstellbar ist: Kinder werden beispielsweise drei Stunden pro Tag in einem Kursprogramm unterrichtet und nehmen in der restlichen Unterrichtszeit am normalen Klassenleben teil. Insbesondere in Fächern, wo die Unterrichtssprache nicht ganz so relevant ist, wie etwa beim Sport.

Sie sind für ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen eingetreten. Wird es dieses geben?

Das Bildungssystem hat gravierendere Fragestellungen als diese. Aber meine Meinung ist klar: Wir leben in einem säkularen Staat, der religionsfreundlich, aber auch religionsneutral ist. Und Vertreter der öffentlichen Hand in der Schule sollten religionsneutral auftreten.

Und sollte so ein Verbot auch für Schülerinnen gelten?

In diesen Bereich, in welchem Outfit die Kinder die Schule besuchen müssen, gehe ich sicher nicht hinein.

Bekannt ist, dass Herbstferien kommen sollen. Sollen sich die Tage dafür aus den Sommerferien speisen?

Nein, aus den schulautonomen Tagen, aber nicht aus allen. Es sollte sich ausgehen, dass noch etwas übrig bleibt. Die Sommerferien werden nicht gekürzt.

Noch zu den Universitäten: Ab wann müssen sich Studenten auf Gebühren einstellen?

Die Studenten können beruhigt sein, das geht nicht so schnell. Die nächste Etappe ist die Studienplatzfinanzierung. Das bedeutet auch, dass es mehr Geld für die Ausbildung geben wird. Erst dann besteht laut künftigem Gesetz auch die Möglichkeit, moderat Lenkungen der Studierendenströme zu machen. Es soll weniger Drop-out erreicht werden, mehr Studienabschlüsse, insgesamt in kürzerer Studiendauer. Dann werden wir in einer weiteren Etappe überlegen, wie wir mit den Studiengebühren umgehen.

Ein Ausbau der Fachhochschulen ist geplant. Woher soll das zusätzliche Geld kommen?

Der Ausbau kommt nicht aus dem Uni-Budget, sondern aus dem Budget insgesamt. Die FHs haben ihre Stärken für Studierende, die in kürzerer Zeit in einem verschulten Betrieb fertig werden wollen. Sie haben ihre Eigenheiten und Aufgaben.

Wird die Forschung an den FHs eingeschränkt?

Die Forschung muss anwendungsorientiert sein, es ist nicht sinnvoll, neben den Unis auch Grundlagenforschung zu betreiben. Auch das Promotionsrecht soll bei den Universitäten verbleiben.