"Die Wirtschaft kann die immer zahlreicheren offenen Stellen nicht aus dem im Inland vorhandenen Arbeitskräftepotenzial besetzen." Diesen Befund stellt die neue Regierung dem umfassenden Kapitel "Arbeit" voran. In Kurzform heißen die Folgerungen daraus: Das Arbeitsmarktservice wird neu aufgestellt, die Treffsicherheit der Sozialleistungen rund um "Arbeitslose", Notstandshilfe und Mindestsicherung ins Visier genommen. Arbeitssuchende sollen schneller vermittelt werden, nicht nur durch weniger Geld und verschärfte Zumutsbarkeitregelungen, sondern auch durch eine deutlich engere Kooperation mit Unternehmen. Ausbildungsprogramme sollen wesentlich gezielter auf einen bestimmten Bedarf erfolgen. 

Beschäftigungsbonus und Aktion 20.000 wackeln

Kippen könnte schon bald der erst im Sommer von der Regierung beschlossene Beschäftigungsbonus, wegen der Hochkonjuktur sei er in dieser Form nicht mehr notwendig. Die Aktion 20.000 für Ältere wird nun mit der Förderung von 5000 Stellen gedeckelt. Bereits von Gemeinden beschäftigte Mitarbeiter sind davon nicht betroffen. Beim Beschäftigungsbonus hatten zuletzt viele Unternehmen gegen ein schnelles Ende erst so kurz nach Inkrafttreten protestiert. 

Blum-Bonus neu könnte wieder kommen

Was wieder kommen könnte und in den 2000er Jahren viele Lehrstellen gebracht hatte: Der zuletzt immer wieder von der FPÖ ins Spiel gebrachte Blum-Bonus neu, bei dem Lehrstellen in den Betrieben gefördert werden.  Lehrausbildung in Betrieben hat Vorrrang vor überbetrieblichen Maßnahmen, die künftig deutlich verkürzt werden dürften.

Verstärkt ins Visier nehmen will die Regierung nichtösterreichische Unternehmen, die etwa hier am Bau arbeiten und mit niedrigeren Steuern und Abgaben operieren können. Das Thema ist in vielen Branchen ein heißes Eisen. Die Vollstreckbarkeit von Strafen und damit auch der Schutz inländischer Unternehmen soll verbessert werden. Lohn- und Sozialdumping sollen "praxisgerechter" bekämpft werden. Künftig könnte  es im Zusammenhang mit der Entsenderichtlinie zu teilweisen Schließungen des Arbeitsmarktes kommen, wenn in einem bestimmten Bereich besonders viele Arbeitslose registriert werden.

Engere Abstimmung zwischen AMS und Sozialamt

Arbeitslosengeld, Notstandshilfe und bedarfsorientierte Mindestsicherung sollen "harmonisiert" werden mit dem Ziel, dass die Unterstützung mit einem klaren zeitlichen Verlauf sinkt. Mit Bezugsdauer wird es niedriger. Wer lange eingezahlt hat, soll künftig auch länger Arbeitlosengeld beziehen. Die Notstandshilfe soll dann im Arbeitslosengeld aufgehen, wird also abgeschafft. Die Leistungsberechnung soll vereinfacht werden, damit mehr Personal für die Jobvermittlung zur Verfügung steht. 

Arbeitslose werden künftig auf einen konkreten Arbeitsplatz hin geschult werden. Arbeitstrainings, Arbeitserprobung und arbeitsplatznahe Qualifizierung sollen in enger Kooperation mit Unternehmen erfolgen. Für Aus-, Fort- und Weiterbildungen in den Betrieben will die Regierung positive Anreize setzen.

Weniger Beschäftigungshemmnisse für Unternehmen

Den Unternehmen verspricht die Regierung, Beschäftigungshemmnisse zu beseitigen. Bürokratie im Arbeitsrecht, unnötige Normen sollen der Vergangenheit angehören. Ebenso wie Schikanen durch das Arbeitsinspektorat. Auch hier soll entrümpelt werden. Kurzarbeit können sich Unternehmen künftig auf Betriebsebene regeln. Musste bisher das Sozialministerium seinen Sanktus geben, soll künftig das Finanzministerium lediglich eine Monitoringstelle bei Kurzarbeit sein. Eine schrittweise Anpassung der Altersgrenzen bei der Altersteilzeit von jetzt 53 Jahren bei Frauen und 58 Jahren bei Männern auf 55 und 60 Jahre soll das früher beliebte Abschieben teurer älterer Arbeitnehmer zum AMS noch weiter eindämmen.  

Über die Aktivierung von (Langzeit-) Arbeitslosen stellt die Regierung das Motto "Fördern und Fordern". Die Handschrift der FPÖ ist klar aus dem Papier herauszulesen, wenn dort sinngemäß steht, dass vor allem die Chancen von Österreichern am Arbeitsmarkt verbessert werden sollen.

Ausländer zurück in die Heimat?

Wer länger als ein Jahr arbeitslos ist und aus einem EU-Land oder einem Drittstaat kommt, muss sich künftig auch in anderen EU-Ländern oder seinem Herkunftsland um Arbeit bemühen, "um die Mobilität des Faktors Arbeit zu gewährleisten", heißt es wörtlich im Programm.

Generell werden die Zumutsbarkeitsregeln verschärft, so müssen auch Jobs angenommen werden, die weiter entfernt sind. Galt bisher ein Limit von eineinhalb Stunden Fahrt bei einem Teilzeitjob, wird dieses auf zwei Stunden erhöht. Bei Vollzeit steigt die Grenze von zwei auf zweieinhalb Stunden. Wer Kinder betreuen muss, ist davon ausgenommen. Die "Arbeitslose" kann künftig auch nicht mehr durch Krankenstände verlängert werden, außer es handelt sich um Spitalsaufenthalte. 

So wie bei den Unternehmen Beschäftigungshemmnisse beseitigt werden sollen, geht es bei den Arbeitslosen um die Beseitigung von "Inaktivitätsfallen". Die Kombination von geringfügiger Beschäftigung und Bezug von Arbeitslosengeld wird künftig wesentlich kritischer beurteilt.

Insgesamt will die Regierung die Geldströme zwischen den Systemen unter Kontrolle bekommen. Dafür wird die Transparenzdatenbank ein entscheidendes Werkzeug. Wer sie künftig nicht befüllt, hat mit Sanktionen zu rechnen. Das Finanzministerium bekommt Zugriff auf die Datenbank des AMS und jene des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger.

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