Tag drei des Korruptionsprozesses gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und 14 andere Angeklagte. Nachdem gestern Mittwoch die Anklage von „Geld, Gier und Geheimnissen" gesprochen hatte und den aus ihrer Sicht von Grasser und seinen Freunden Walter Meischberger, Peter Hochegger und Ernst Karl Plech entworfenen Tatplan erklärt hatte, sind am Donnerstag Grassers Verteidiger am Wort.

Grassers zweiter Anwalt Norbert Wess hat sein über acht Stunden langes Plädoyer begonnen - mit scharfer Kritik an der Staatsanwaltschaft. „Das war eine Show, wie ich sie noch nie gesehen habe.“ Außerdem wiederholte Wess einmal mehr, dass Grasser durch die Medien vorverurteilt worden sein und betonte die Liste der bisherigen eingestellten Strafverfahren gegen Grasser.

Die 825-seitiges Anklageschrift enthalte falsche Zitate, Missinterpretationen und Mutmaßungen. Auf das Motto der Staatsanwaltschaft („Geld, Gier, Geheimnisse“) lautet die Antwort der Verteidiger „Zeugen, Daten und Fakten“. In einer Powerpoint-Präsentation zitiert Wess Auszüge aus der Anklageschrift, um sie im selben Atemzug zu widerlegen. Es geht ihm dabei um jedes Wort, auch werden Teile der Anklageschrift behandelt, die das Oberlandesgericht bereits herausgestrichen hatte. Zur Staatsanwaltschaft sagt Wess: „Das muss man sich einmal trauen, mit sowas anzuklagen.“ Die Schöffengericht wirken müde, an sie adressiert sagte Wess zuvor „seien Sie kritisch aber glauben Sie uns: Wir wissen, was wir tun“.

Nach einer Mittagspause geht es weiter. Wess geht konkreter auf die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft ein. Der berühmte Tatplan sei nicht haltbar. Auch beim Thema Terminal Tower basieren die Vorwürfe laut Wess lediglich auf „Mutmaßungen“. Von „Bestechungszahlungen“ sei nie die Rede gewesen und auch das uminterpretiert Konto „40.0815“ werde Grasser nie zuzuordnen sein.

Das Plädoyer von Wess endet kurz vor dem regulären Ende des Sitzungstages. Nach ein paar abschließenden Worten von Hauptanwalt Manfred Ainedter endet der dritte Sitzungstag. 

Das war Tag 2

Der zweite Sitzungstag des Buwog-Prozesses gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und 14 weitere Angeklagte drohte zu Beginn zu einer Wiederholung des ersten zu werden. Einige Verteidiger setzten die „Tradition“ vom Vortag fort und brachten erneut Anträge ein. So wurden beispielsweise anwesende Ermittlungsbeamte und Vertreter der Privatbeteiligten in die hinterste Reihe verbannt, weil Grassers Anwalt Norbert Wess Einsicht in die Unterlagen der Verteidiger in den vorderen Reihen fürchtete.

Eine Stunde nach Sitzungsbeginn ging es dann aber erstmals um die Anklage selbst. In ihrem Eröffnungsplädoyer zeichneten die beiden Staatsanwälte Alexander Marchart und Gerald Denk den Tathergang nach, wie er sich aus Sicht der Korruptionsstaatsanwaltschaft zugetragen hat.

"Geld, Gier, Geheimnisse"

Den roten Faden bildeten dabei die drei Worte „Geld, Gier, Geheimnisse“. Grasser wollte laut Marchart und Denk von seinem Amt als Finanzminister profitieren und habe deshalb mit seinen Freunden – Trauzeuge Walter Meischberger, Lobbyist Peter Hochegger und Immobilienmakler Ernst Plech – ein System der „organisierten Kriminalität“ aufgebaut. Grasser habe hier „seine Chance gewittert“ und „Geld in seine Tasche gesteckt“ – zum Schaden des Steuerzahlers. Geschehen sei das laut Staatsanwaltschaft beim Verkauf der Bundeswohnungen (Buwog) im Jahr 2004 und bei dem Einzug der Finanz in den Linzer Terminal Tower zwei Jahre später. Die vier Hauptverdächtigen, für die die Unschuldsvermutung gilt, sollen bei diesen beiden Projekten Provisitionen gefordert und das Geld in weiterer Folge „kassiert“ haben.

Die Staatsanwaltschaft bemühte ein kleines Rechenbeispiel, um die 10,1 Millionen Euro, die die Angeklagten in Summe erhalten haben sollen, zu veranschaulichen. Der Durchschnittsösterreicher müsse 370 Jahre arbeiten, um zu einer solchen Summe zu kommen, rechneten die beiden Juristen vor. Und mit jenen 2,5 Millionen Euro, die dabei an Grasser gegangen sein sollen, habe sich dieser „ein 21-faches Minister-Jahresgehalt“ zugeschanzt.

Schadensersatz

Im Anschluss an das Plädoyer der Staatsanwaltschaft meldete sich auch die Finanzprokuratur zu Wort, die sich dem Prozess als eine von drei Privatbeteiligten angeschlossen hat. Sie forderte von den Angeklagten Schadensersatz für die Republik Österreich – in Höhe von 9,8 Millionen Euro.

Grasser und die anderen Angeklagten verzogen während des – mit zwei Stunden überraschend kurzen – Plädoyers der Korruptionsstaatsanwaltschaft keine Miene, nur Immobilienmakler Plech schüttelte ab und zu energisch den Kopf. Doch das Blut von Grassers Anwalt Manfred Ainedter war durch das Plädoyer derart in Wallung geraten, dass er aufsprang und die Worte der Staatsanwaltschaft als „Aktenwidrigkeit, freie Erfindung, blühende Fantasie und reine Unterstellung“ bezeichnete. Grasser werde darin als „Satan schlechthin“ dargestellt. Dabei gebe es keine Beweise. An die Schöffen richtete er den Appell, bisherige Medienberichte über seinen Mandanten zu ignorieren, denn „Geld war für Karl-Heinz Grasser nie eine Triebfeder“. Sie sollen sich seine Seite der Geschichte unbefangen anhören.
Dazu haben die Schöffen heute Gelegenheit. Denn die Sitzung wird wohl zur Gänze von Grassers zweitem Anwalt Wess bestritten werden. Dieser will die 825-seitige Anklageschrift in seinem Plädoyer entkräften.