ÖVP-Klubobmann August Wöginger versteht die Aufregung um die ÖVP-FPÖ-Pläne zur Flexibilisierung der Arbeitszeit nicht. "Wir verändern ja die Normalarbeitszeit nicht. Wir bleiben beim Acht-Stunden-Tag. Es wird aber eine Möglichkeit geschaffen, die Arbeitszeit mit Zuschlägen und gewissen Einschränkungen auszuweiten. Jede Überstunde wird bezahlt", sagte Wöginger im Interview mit der APA.

"Außerdem braucht es Vereinbarungen der Betriebsräte und Kollektivvertragspartner, wenn die Arbeitszeit die acht Stunden übersteigt." Es handle sich alles in allem um eine Weiterentwicklung des bestehenden Systems, meinte der ÖVP-Klubchef.

Die Sozialpartner konnten sich ja vor dem Sommer nicht auf eine Neuregelung in Sachen Arbeitszeitflexibilisierung einigen. Wöginger: "Die Sozialpartnerschaft hat große Errungenschaften geleistet, wenn man über die letzten Jahrzehnte zurückblickt. Es ist wichtig, dass vieles auf dem Verhandlungstisch ausgemacht wird und nicht auf der Straße. Es gibt aber immer wieder Themen, wo man als Regierung Akzente setzen muss."

Knackpunkt Sozialversicherung

Auf eine gute Lösung hofft der ÖVP-Klubobmann, der bei den Koalitionsgesprächen in der Fachgruppe Soziales mitverhandelt hat, auch bei der geplanten Reform der Sozialversicherungen, die bei den Verhandlungen einer der letzten Knackpunkte in der Steuerungsgruppe ist. "Ich glaube, dass man mit gutem Willen zusammenfinden wird. Das ist möglich und machbar", so Wöginger.

Der Gegenwind von Sozialpartnern und Ländern ist für Wöginger jedenfalls erwartbar gewesen. "Wenn größere Reformen angedacht werden, ist es nachvollziehbar, dass es dazu unterschiedliche Standpunkte gibt." Es gebe aber auch eine gewisse Erwartungshaltung in der Bevölkerung, etwa dass man gleiche Leistungen bekommt, wenn man gleiche Beiträge bezahlt. Viele Menschen ärgerten sich zum Beispiel auch über Mehrfachversicherungen. Die Diskussion über eine Reform werde schon lange geführt, nun müsse man im Ansatz liefern. "Wir haben ein hervorragendes Sozial- und Gesundheitssystem. Es geht jetzt darum, die Systeme nachhaltig zu gestalten."

Die jüngsten Diskussionen innerhalb der ÖVP und die Querschüsse aus den westlichen Bundesländern sieht Wöginger gelassen. "Wir sind eine große Bewegung, eine breite Bewegung und auch föderalistisch stark verankert. Da ist es bei manchen Inhalten logisch, dass es unterschiedliche Zugänge und Standpunkte gibt. Aber auch bei diesen Themen werden wir gemeinsame Lösungen finden. Der Reformkurs ist aus meiner Sicht alternativlos. Wir sind mit dem Aspekt der Veränderung zur Wahl angetreten. Daher muss diese Veränderung auch sichtbar sein. Wir sind nicht die, die alles aus den Angeln heben. Aber dass man mehr Effizienz in die Systeme bringt, das ist notwendig."

Dass Wöginger als Klubobmann - und damit als wichtige Schnittstelle zur Regierung - im Parlament bleibt und nicht in die Regierung wechselt, scheint in der ÖVP inzwischen fix. "Ich habe da viel zu tun und mich erfüllt diese Tätigkeit mit großer Freude. Ich mache das gern. An weiteren Personalspekulationen will ich mich nicht beteiligen", so Wöginger.

Die Tätigkeit als Klubobmann wolle er anders anlegen als einige seiner Vorgänger. "Ich bin vom Naturell her ein Mensch, der den Konsens sucht. Ich werde alles dafür tun, dass wir zu gemeinsamen Lösungen - nicht nur innerhalb der Regierungsparteien, sondern mit allen Fraktionen - kommen." Auch sei ihm persönlich "ganz wichtig, dass wir den neuen Stil, für den Sebastian Kurz gewählt wurde, und wir mit ihm als Bewegung, auch im Parlament einziehen lassen. Dass wir das Gemeinsame in den Vordergrund stellen und unsere Sprache und den Umgangston dem Hohen Haus anpassen. Das war in der Vergangenheit nicht immer der Fall. Das sehe ich als großen Auftrag."

Nulllohnrunde für Politiker

Ganz ohne Medienöffentlichkeit hat der ÖVP-Parlamentsklub bereits eine erste dreitägige Klausur in Niederösterreich abgehalten. Dabei ging es vor allem darum, die Neuen im 62-köpfigen Abgeordnetenteam in die parlamentarische Arbeit einzuführen. "Wir haben durch die Wahl einen kräftigen Zuwachs und mehr als 30 neue Abgeordnete." Als nächstes stehe die Beschickung der Ausschüsse auf der Agenda. Die verschiedenen Bereichssprecher werde man erst bestellen, wenn die neue Regierung steht.

Bei der Nationalratssitzung kommende Woche stehen vor allem zwei Themen im Mittelpunkt. Zum einen der Beschluss über die Erhöhung der Beamtengehälter, zum anderen die von ÖVP-Chef Sebastian Kurz vorgeschlagene Nulllohnrunde für Politiker. Alle Parteien hätten diesbezüglich Zustimmung signalisiert, berichtete der ÖVP-Klubobmann. Dass der Vorstoß mehr Populismus und eine Selbstentwertung politischer Arbeit sei, wie Kritiker monieren, sieht Wöginger nicht so. "Es ist eine wichtige Symbolik für die Menschen und die Bevölkerung. Wir haben uns ja zum Ziel gesetzt, dass wir nächstes Jahr das Budget mit einem Defizit von maximal 0,5 Prozent versehen wollen. Das ist ambitioniert. Es wird deshalb in nächster Zeit auch zu gewissen Maßnahmen kommen, und ich glaube, es ist richtig, dass wir der Bevölkerung signalisieren, wir beginnen auch bei uns einzusparen."