Die Chefverhandler von ÖVP und FPÖ treffen sich heute erneut in der federführenden sogenannten Steuerungsgruppe. Dabei soll, wie die Kleine Zeitung vorab in Erfahrung bringen konnte, das Thema Bildung auf der Agenda stehen. Die Koalitionsverhandler drücken nun offenbar aufs Tempo. Die Steuerungsgruppe soll sich dem Vernehmen nach nun nahezu täglich treffen.

Die heutige Sitzung soll um 12.00 Uhr beginnen, gegen 15 Uhr voraussichtlich werden ÖVP-Chef Sebastian Kurz und FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache dann vor die Presse treten.

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Paukenschlag

Auf der Agenda steht heute vor allem das Thema Bildung. Begonnen wird mit einem Paukenschlag: In ihrem Endbericht haben sich die Verhandler der Fachgruppe Bildung auf die Rückkehr zum alten Notensystem verständigt. Das betrifft insbesondere Volksschulen, denen im Herbst 2016 die Möglichkeit eingeräumt wurde, in den ersten drei Volksschulklassen von der starren Notengebung abzurücken und alternative Beurteilungsformen anzuwenden. Heute wird sich die von den beiden Chefverhandlern Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache geleitete Steuerungsgruppe mit dem Bericht auseinandersetzen. Ob Abänderungen geplant sind, ist offen. Ein Insider meinte gestern, „das wird alles so kommen, das wollen wir auch so.“

Koalition: Kurz drängt auf Bildungspflicht

In Unterlagen, die der Kleinen Zeitung vorliegen, bekennt sich Türkis-Blau zur Wiederherstellung der „Notenwahrheit.“ Konkret sollte „die Benotungsystematik, einschließlicher der verbalen Benotung, für alle Schultypen und Schulstufen überarbeitet und präzisiert werden.“ Dabei sollte die fünf-teilige Notenskala zur Anwendung kommen. Bestehende Sonderformen, etwa die verbale Benotung, können „zusätzlich geführt“ werden, heißt es darin, sind also kein Ersatz.

"Todesstoß" für siebenteilige Notenskala

Konkret würde das bedeuten, dass der an den Neuen Mittelschulen (NMS) eingeführten, siebenteiligen Notenskala der Todesstoß verpasst wird. An Volksschulen müsste ab der ersten Klasse an die Ziffernbenotung wieder einführen. Unter dem Schlagwort der „Notenwahrheit“ sollten allerdings in der vierten Volksschulklasse, wenn der Übergang zur AHS oder zur NMS bevorsteht, Zeugnisse nicht mehr unter dem Druck der Eltern, die ihr Kinder ins Gymnasium schicken wollen, entstehen. Österreichweit wechselt ein Drittel der Volksschüler ins Gymnasium, in Wien ist es die Hälfte. Im Unterrichtsministerium wird das Abgehen von der siebenteiliger NMS-Skala begrüßt.

Aber das ist nicht alles: Türkis-Blau bastelt ebenso an einer „durchgehende Bildungs- und Leistungsdokumentation für jeden Schüler,“ Kinder sollen bereits im Kindergarten von dieser Dokumentation erfasst werden. Diese sei „beginnend ab dem verpflichtenden Kindergartenbesuch bis zum Abschluss der schulischen Bildungslaufbahn“ vorgesehen. Angeblich entspricht das Projekt dem rot-schwarzen Bildungskompass, der beim Übergang in die Volksschule und dann in die nächste Schulstufe Informationen über Stärken und Schwächen des Schülers enthält. Verstärkt gefördert werden sollen künftig auch die politische Bildung sowie die Vermittlung unternehmerischen Denkens.

Verhandlungen noch vor Weihnachten abschließen

Darüber hinaus dürften die Verhandlungen deutlich beschleunigt werden. Dem Vernehmen nach trifft sich die "Steuerungsgruppe" mit Kurz und Strache an der Spitze nun nahezu täglich. Das Wunschziel der ÖVP ist es bekanntlich, noch vor Weihnachten einen Abschluss zu schaffen. Ein mögliches Szenario sieht vor, dass die ÖVP-FPÖ-Koalition bis zum Wochenende 8./9./10. Dezember stehen könnte. Die Angelobung der Regierungsmitglieder könnte dann in der Woche darauf stattfinden und die neue Regierung sich dem Parlament in der bereits fixierten Sitzung am 13. Dezember präsentieren. ÖVP-Chef Kurz könnte dann am 14./15. Dezember bereits als neuer Bundeskanzler zum EU-Gipfel nach Brüssel reisen.