Auf Facebook verkündete der Kanzler Montagabend: "Nur, weil ich bei einer Wahl kandidiere, heißt das noch lange nicht, dass ich alles mitmachen muss."

Die Tageszeitung "Österreich" führe eine Kampagne gegen seine Person. Jeden Tag würden verleumdende Texte und abwertende Fotomontagen veröffentlicht: "Offenbar erwartet sich der Herausgeber dadurch mit anderen Kandidaten bessere Geschäfte." Die moralische Qualifikation in diesem Fall überlasse er gerne anderen, aber es sei sein gutes Recht zu sagen: "Ich mache da nicht mehr mit."

Wolfgang Fellner legte am Dienstag nach und erklärte, Kerns Inseraten-Boykott würde die Zeitung nicht wirklich treffen: "Es handelt sich dabei übrigens um die atemberaubende Summe von 50.000 Euro (das Jahresvolumen einer größeren Pizzeria)", die weder den Wahlsieg noch den wirtschaftlichen Erfolg von ,Österreich' beeinflussen würde.

Kerns Vorhaben lautet folgendermaßen: "Keine Interviews mit mir in 'Österreich', keine TV-Diskussionen auf oe24. Und natürlich auch keine Wahlkampf-Inserate." Für ihn ist klar, dass er als Politiker kritische Berichterstattung aushalten müsse und sie sich bei inhaltlichen Fragen sogar mehr wünschen würde: "Aber hier geht es nicht um kritische Berichterstattung, sondern um eine Kampagne und um einen Angriff auf die politische Kultur im Land."

Das interne Dossier, das offenbar von einem früheren SPÖ-Pressesprecher der Ära Alfred Gusenbauer für den mittlerweile gefeuerten Berater Tal Silberstein verfasst worden war, tauchte schon vor einiger Zeit in Auszügen in der "Kronen Zeitung" auf. "Österreich" veröffentlichte es in den vergangenen Tagen mehrfach. Das von Kern gezeichnete Bild darin ist wenig schmeichelhaft. Er wird unter anderem als "Prinzessin" und "ungemein eitel" bezeichnet. Ferner schreibt der Verfasser: "Er hält Kritik (mediale Schelte) nicht aus und reagiert nervös, um nicht zu sagen panisch."