Alleinerzieherinnen würde der von der ÖVP im Wahlkampf vorgeschlagene "Kinderbonus" wenig bringen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Modellrechnung der Innsbrucker Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung (GAW). "Familienfreundlich ist der Vorschlag nur bedingt", urteilt GAW-Experte Florian Wakolbinger daher in seinem der APA vorliegenden Papier. Lob gibt es dagegen für die vorgeschlagene Abschaffung der "Kalten Progression".

Wakolbinger hat die Auswirkungen der Steuervorschläge von ÖVP-Chef Sebastian Kurz auf die unterschiedlichen Einkommensgruppen durchgerechnet. Sein Ergebnis: Paare mit Kindern hätten im Durchschnitt zwar 108 Euro pro Monat mehr zur Verfügung. Gerade Alleinerzieherinnen könnten aber nur mit durchschnittlich 56 Euro profitieren. Zum Vergleich: Singles ohne Kinder würden von den VP-Plänen mit 48 Euro fast gleich stark profitieren.

Wer weniger Steuern zahlt, profitiert auch weniger

Der Grund dafür: Den Steuerbonus von bis zu 1.500 Euro pro Kind kann nur nutzen, wer schon jetzt die entsprechende Summe an Lohnsteuer zahlt. Eine Alleinerzieherin mit zwei Kindern müsste (laut Brutto/Netto-Rechner des Finanzministeriums) also 2.300 Euro brutto verdienen, um den Bonus voll ausschöpfen zu können. "Wer weniger Steuern zahlt, würde auch weniger profitieren, denn die Steuer kann durch den Kinderbonus höchstens auf null reduziert werden", erklärt Wakolbinger.

Seinen Angaben zufolge verdienen nur 62.000 von insgesamt 150.000 Alleinerzieherinnen so viel, dass sie von ihrem Verdienst Lohnsteuer zahlen müssen. Davon wiederum nur die Hälfte (33.000) bezahle so viel, dass sie vom Steuerbonus in voller Höhe profitieren könne. Um auch Geringverdiener entlasten zu können, plädiert Wakolbinger daher für die Zusammenführung von Einkommensteuer und Sozialversicherung - letztere wird nämlich auch bei niedrigen Einkommen fällig.

Kurz verteidigt Pläne

Kurz hat die Pläne zuletzt in der "ZiB 2" am Dienstagabend verteidigt: Sein Programm solle eben diejenigen entlasten, die Steuern zahlen. "Und wer 1.500 Euro brutto im Monat verdient, der zahlt eben auch relativ wenig Steuern und dadurch profitiert er von einer Einkommenssteuerentlastung wenig", so der VP-Chef.

Positiv bewertet Wakolbinger den Vorschlag, die "Kalte Progression" abzuschaffen und die Steuertarife jährlich an die Inflation anzupassen. Gemeinsam mit dem Kinderbonus und der ebenfalls vorgeschlagenen Senkung der unteren drei Steuertarife hätte ein österreichischer Durchschnittshaushalt laut Wakolbingers Berechnung um etwa 90 Euro monatlich mehr zur Verfügung. Dabei gilt: je höher das Haushaltseinkommen, desto höher das Plus. Während die untersten zehn Prozent von der Steuersenkung nichts hätten, würden die obersten zehn Prozent 161 Euro monatlich gewinnen.

Verlustgeschäft?

Nicht einberechnet hat Wakolbinger - mangels Daten - übrigens den von der ÖVP geplanten Wegfall des jetzigen Steuerbonus für Kinderbetreuung von bis zu 2.300 Euro. Für Gutverdiener, die diesen Betrag voll ausschöpfen können, könnte der geplante 1.500 Euro Steuerbonus in einzelnen Jahren ein Verlustgeschäft bedeuten. Allerdings könnte der von der ÖVP geplante Steuerbonus ohne Bedingungen bis zum 18. Lebensjahr des Kindes geltend gemacht werden, während die derzeitige Regelung nur tatsächlich bezahlte Kinderbetreuungskosten berücksichtigt.