Die Zuwanderung nach Österreich ist "noch immer überproportional hoch". Zu diesem Fazit kommt der Expertenrat in seinem aktuellen Integrationsbericht, der Mittwochvormittag in Wien präsentiert wurde. 

42.000 Menschen haben laut Bericht im Vorjahr um Asyl angesucht, 22.000 erhielten einen positiven Asylbescheid. Ein Großteil der Antragsteller komme nach wie vor aus Afghanistan und sei wenig ausgebildet, ist aus dem Bericht zu entnehmen.

Zwar sei die Zahl im Vergleich zum Rekordjahr 2015/16 gesunken. Dennoch habe sich die Regierung laut Bericht zu Recht die Aufgabe gegeben, die Migration zu dämpfen, erklärte Heinz Faßmann, Universitätsprofessor und Leiter des "Expertenrates für Integration". Die Nettozuwanderung habe sich deutlich erhöht, die aktuelle Zuwanderungsrate seit die Viert-höchste seit Anfang der 60er Jahre.  

Jung, männlich, religiös

Der Großteil der Asylsuchenden sei laut Faßmann jung, männlich, religiös und habe "hohe Erwerbsabsichten". Zudem wolle die Mehrheit ihre Familien nach Österreich nachholen. Zudem sei auch zu beobachten, dass Flüchtlinge aus Afghanistan deutlich weniger gebildet seien, als jene aus Syrien oder dem Irakt. "Die Integration dieser Menschen in den Arbeitsmarkt wird schwierig sein", erklärte Faßmann. Im Hinblick auf den aktuellen Wahlkampf merkte der Professor bei der Präsentation des Berichtes kritisch an: "Auf diese ausgesprochen komplexen Problemfelder gibt es keine einfachen Antworten. Und wer diese anbietet, irrt mit Sicherheit."

Der Eindruck, die Flüchtlingskrise sei vorbei, sei "ein sehr relativer", erklärte Integrationsminister und ÖVP-Chef Sebastian Kurz bei der Berichtspräsentation. "Österreich ist nach wie vor ein Spitzenzuwanderungsland." Der Erfolg der Integration hänge jedoch auch mit der Zahl der Zu-Integrierenden ab. Vor allem wenig gebildete Zuwanderer seien "für den Wohlfahrtsstaat problematisch". Da sich Kurz im Wahlkampf befindet, erneuerte er seine Forderung, "Zuwanderung in das Sozialsystem so gut wie möglich zu stoppen". Zudem solle Österreich "selbst entscheiden", wer ins Land kommt.

8,1 Milliarden Mehraufwand

Mit 8,1 Milliarden Euro beziffert der Bericht den finanziellen Mehraufwand aus der Migration, mit dem im Zeitraum von 2015 bis 2019 zu rechnen sei. Sprachförderung und Kindergarten-Besuche seien wichtig für Integration, genau wie Wertekurse und verschiedene vertiefende Angebote. Aktuell gibt es 2000 Integrationsprojekte in der Datenbank.

Der Integrationsbericht warnt jedoch: Neben der Integration von Flüchtlingen dürfe man nicht auf die klassische Integration von Zuwanderern aus anderen Ländern vergessen.

"Integrations-Pessimismus"

Der Bericht zeigt mit einer Übersicht über aktuelle Studien auch eine Verschlechterung bei der Haltung der Österreicher gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund. Hier mache sich "ein Integrations-Pessismus breit", erklärte Faßmann. Im Vergleich zum Jahr 2015 sehen ein Jahr später deutlich weniger Menschen die Integration im Land als "gut funktionierend" an. Und auch das Zusammengehörigkeitsgefühl von Migranten in Österreich habe abgenommen. Minister Kurz erklärt sich das so: "Ich glaube, dass 2015 bei vielen Menschen noch eine Euphorie da war". Dann habe man aber erkennen müssen, dass das mit der Integration nicht "von heute auf morgen funktioniert".

Die wichtigsten Zahlen im Überblick:

  • Aktuell haben 22 Prozent der Bevölkerung einen Migrationshintergrund, das sind rund 1,9 Millionen Menschen. Der Großteil von ihnen (28 Prozent) kommt aus Ex-Jugoslawien, 20 Prozent der Menschen mit Migrationshintergrund kommen aus anderen Nicht-EU-Staaten. In diese Gruppe sind die Flüchtlinge eingerechnet. Aus der Türkei kommen 14 Prozent.

  • Die Zahl der Asylanträge hat sich im Vergleich zum Vorjahr halbiert, 130.000 Anträge wurden 2015 und 2016 gestellt. Zwei Drittel aller Asylsuchenden kommen aus Afghanistan (25.563 Anträge), Syrien (24.547 Anträge) oder dem Irak (13.633 Anträge).

  • 37.000 Flüchtlinge wurden 2015/16 anerkannt, 6000 wurde subsidiärer Schutz gewährt. Die Zahl der anerkannten Flüchtlinge ist 2016 deutlich angestiegen. Waren es 2015 noch 14.413 Personen, waren es 2016 22.307 Personen.