Quereinsteiger haben Hochsaison bei der kommenden Nationalratswahl. Unter anderem wohl deshalb, weil die Parteien das Image von Politik und Politikern hinuntergewirtschaftet haben. Wie es Politologe Peter Filzmaier im Gespräch mit Ö 3 formulierte: "Das Image von Berufspolitikern ist so ramponiert, dass sie den Tausch von Gesichtern bitter nötig haben." Die Botschaft, die über Quereinsteiger transportiert wird: "Wir sind nicht nur Parteimenschen".

Wobei das innerparteiliche G'frett mit den Quereinsteigern oft erst nach der Wahl beginnt, wie Politikbeobachter Thomas Hofer erinnert. Dann nämlich, wenn es um Macht und Einfluss geht.

SPÖ: Quereinstieg an der Spitze

In der SPÖ sind die Nummer 1 und die Nummer 2 auf Bundesbene Quereinsteiger: Kanzler Christian Kern, vormals ÖBB-Chef, und Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner, hohe Beamtin aus dem Gesundheitsministerium.  Beide sind nicht ganz neu, aber erst vor kurzem neu in die Politik eingestiegen - Kern vor bald eineinhalb Jahren, Rendi-Wagner im Frühjahr des heurigen Jahres.

Kanzleramtsminister Thomas Drozda, ebenfalls von Kern geholt und seit gut einem Jahr in der Regierung, ist ebenfalls ein Quereinsteiger, er war Generaldirektor der Vereinigten Bühnen Wien. Und Sonja Hammerschmid, auch erst gut ein Jahr Bildungsministerin, war vorher Rektorin der Veterinärmedizinischen Uni in Wien.

Das Ziel der SPÖ war es, mit dem noch relativ neuen Gesicht des Parteichefs an der Spitze und dem Flankenschutz durch ein neues Angebot an die Frauen die Wähler davon zu überzeugen, dass mit dieser neuen SPÖ ein frischer Wind einzieht in die Politik.

Was die Listenerstellung betrifft, hielt man sich eher an die alten Muster. In einer Zeit, in der die Partei ohnehin einen Total-Kehrtwende machen muss, um eine allfällige Koalition mit den Freiheitlichen nach der Wahl zu vollziehen bzw. sich zumindest die Option offen zu halten, wollte man den Verdauungsprozess offenbar nicht noch dadurch gefährden, dass man durch Quereinsteiger Unruhe an der Basis stiftet.

ÖVP: Quereinsteiger hinter Kurz

Bei der ÖVP ist der junge Sebastian Kurz schon ein Altpolitiker. Er ist seit 2003 Mitglied der Jungen ÖVP und sitzt seit 2011 in der Regierung. Für die Bundesliste nahm er sich jedoch das Recht heraus, dort die Kandidaten seiner Wahl zu nominieren, und er umringt sich mit Quereinsteigern: Joesf Moser, früherer Rechnungshofpräsident, den Kurz erst heute präsentierte, auf Platz 3, die Programmchefin des ORF-Burgenland, Gaby Schwarz, auf Platz 4, Opernball-Organisatorin Maria Großbauer auf Platz 6, Mathematiker Rudolf Taschner auf Platz sieben, der Wiener Landespolizeipvizepräsident Karl Mahrer auf Platz neun und die ehemalige Stabhochsprignerin Kira Grünberg auf Platz 10.

Die ÖVP hat die Person Kurz zum Programm und den Quereinstieg zum Prinzip erhoben. Alles anders, ist die Devise. Von den Gesichtern über die Parteifarbe bis hin zu innerparteilichen Verhaltens- und Führungsmustern. Wie Hofer anmerkt: Etwaige Problem werden sich erst ab dem Tag 1 nach der Wahl auftun, wenn es wieder um Macht und Einfluss geht.

Quereinstieg aus Notwendigkeit

Peter Pilz ist seit 34 Jahren in der Politiker, aber jung mit seiner Abspaltung von den Grünen, der "Liste Pilz". Er muss gezwungenermaßen sein Heil bei Quereinsteigern und wurde in der Wissenschaft fündig: Biochemikerin Renée Schröder und Informatiker Hannes Werthner versuchen es an seiner Seite in der Politik. Und auch der Pilz'sche Anwalt, Alfred Noll, wird an prominenter Stelle auf seiner Liste kandideren.

Matthias Strolz von den Neos angelte seit Monaten nach Quereinsteigerin Irmgard Griss, und schließlich biss der Fisch an: Die ehemalige Höchstrichterin und nachmalige Präsidenschaftskandidatin kandidiert auf Platz 2 hinter ihm, und auf Platz 1 der steirischen Landesliste.

Heinz-Christian Strache und seine FPÖ setzen vor allem auf altgediente Mandatare, aber mit der Rechanwältin und ORF-Publikumsrätin Susanne Fürst auf Platz 7 gehen auch die Freiheitlichen mit einer Quereinsteigerin ins Rennen.

Die Grünen sind im Moment auch ohne Quereinsteiger genug interne Probleme und setzen auf etablierte Abgeordnete. Ulrike Lunacek wird neu sein im Parlament, ist aber als Europa-Abgeordnete eine geübte Spielerin auf dem Politik-Parkett.

Ende des Sammelns von Unterschriften

Diese Woche, am 18. August endet übrigens die Frist, bis zu der die kleinen Parteien die nötigen Unterschriften für ihre Kandidatur sammeln können. Bis Freitag, 17 Uhr muss eine Partei, die auf dem Stimmzettel stehen will, zumindest einen Landeswahlvorschlag bei einer Landeswahlbehörde einbringen. 

Wer auch an der Verteilung der Bundesmandate teilnehmen möchte, muss bis spätestens 28. August einen Bundeswahlvorschlag einbringen.